Einer aktuellen Umfrage des Inkassounternehmens Kruk zufolge zeigen sich die Deutschen von Schulden beunruhigt. Zwei Drittel von ihnen (64 %) würde selbst dann nicht Schulden machen, wenn große Rabatte winken. Die Regierungen der EU scheinen die Schuldenfrage gelassener anzugehen.
Der EU-Haushalt steht vor einer neuen Herausforderung. Durch die Flüchtlingskrise muss die Europäische Union neue Maßnahmen ergreifen, um die hauptsächlich aus Syrien einwandernden Menschen kontrolliert einreisen zu lassen. Das alles erfordert Geld - und davon haben einige Staaten nicht genug. Nun fordert der Europäische Rechnungshof, die Ausgabenpolitik komplett zu verändern. Von den 2014 insgesamt 142,5 Milliarden ausgegebenen Euro waren 4,4 Prozent fehlerhaft. Seit Jahren kämpft die EU mit derselben Fehlerquote. Mehr als sechs Milliarden Euro werden jährlich verschwendet.
Euro-Länder weiterhin hoch verschuldet
Ein Blick auf die nachfolgende Schuldenuhr offenbart ein großes Problem: Euroländer sind nicht nur hoch verschuldet, lediglich vier von den 19 Staaten bauen ihre Schulden derzeit ab. Alle anderen verschulden sich neu.
Die Gesamtverschuldung der Euro-Länder wird in absehbarer Zeit zehn Billionen Euro erreichen.
Problematisch ist auch der in Prozent ausgedrückte Schuldenstand. Das Limit (Gesamtverschuldung im Verhältnis zum BIP) liegt bei 60 Prozent, viele Länder halten dieses nicht ein (Quelle: eurostat):
- Belgien: 106,6 %
- Deutschland: 74,7 %
- Frankreich: 95 %
- Griechenland: 177,1 %
- Irland: 109,7 %
- Italien: 132,1 %
- Malta: 68 %
- Niederlande: 68,8 %
- Österreich: 84,5 %
- Portugal: 130,2 %
- Slowenien: 80,9 %
- Spanien: 97,7 %
- Zypern: 107,5 %
Die Gesamtverschuldung für die Eurozone liegt bei 91,9 Prozent. Sie ist aus dem Grund problematisch, weil Länder wie Italien von den Krediten der Europäischen Zentralbank (EZB) abhängig sind. Ohne diese währen sie zahlungsunfähig. Wie aber soll ein von Krediten abhängiges Land seine Schulden begleichen, wenn ohne diese die Zahlungsunfähigkeit ansteht?
Wenn große Länder die Defizitziele verpassen
Neben den schlechten Nachrichten gibt es auch eine positive Aussicht: Auf die Eurozone kommt ein leichtes Wachstum von 1,6 Prozent zu. Dies verdankt sie Angaben des EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis zufolge dem schwachen Euro-Wechselkurs, niedrigen Ölpreisen sowie der Geldpolitik der EZB.
Im Bereich Staatsdefizite, welche in der Eurozone rückläufig sind, gibt es nach wie vor zwei Sünder: Spanien und Frankreich. Prognosen zufolge werden sie die Ziele erneut verfehlen. Das Schuldenziel von drei Prozent wird Frankreich mit 0,3 und Spanien mit 0,6 Prozentpunkten verfehlen.
Griechenland kann von solchen Werten nur träumen. Das tief verschuldete Land erwartet eine Verschuldung von 195 Prozent im laufenden und 200 Prozent im kommenden Jahr.
Eine Frage, die bei dem Zahlenspiel immer vernachlässigt wird, ist, wohin die Gelder fließen. Staatsschulden sind per se nichts Schlechtes, wenn sie die Wirtschaft beflügeln. Laut den Maastricht-Regeln sollten Schulden nur so weit steigen wie die Wirtschaft wächst. Das Schuldenproblem wird dann zumindest eingefroren, auch wenn es nicht gelöst wird. Bei den Euroländern ist bisher unklar, ob das geliehene Geld tatsächlich sinnvoll verwendet wird.
Schuldenbegleichung am Beispiel USA
Seit dem Beginn der Finanzkrise steigt die Gesamtverschuldung der USA in einem rasanten Tempo. Die Clinton-Ära (1993-2001) wurde von einer erfolgreichen Sanierung geprägt. Mit den Anschlägen zum 9/11 wurden alle Sparmaßnahmen zunichtegemacht. Die US-Regierung begann, massiv in Rüstungsmaßnahmen zu investieren.
Die Schuldenbegleichung in der Clinton-Ära wurde möglich, indem es zeitgleich eine boomende Wirtschaft gab und die Ausgaben für das Militär stark geschnitten wurden. Mehr zu dem Thema gibt es dem Dokument Das Wirtschaftswunder in den USA. Was lehrt die Ära Clinton? (PDF; 168 KB). Ob EU-Mitglieder eine ähnliche Schuldenbegleichung ausführen könnten, ist schwer zu sagen. Dazu müssten sie weiter umschulden, wodurch der Schuldenberg steigt, aber von Jahr zu Jahr kleiner wird. Nach einer zuvor festgelegten Frist wird die Gesamtverschuldung schließlich eingefroren. Laut dem Experten zum Thema Staatsverschuldung, Dieter Meyer, könnten Staaten die Schulden (gemessen am BIP) in 25 Jahren halbieren. Dazu muss die Neuverschuldung in vier Jahren auf null zurückgeführt werden.