Wird der Euro die EM überleben? Egal, wie die Wahl in Athen ausgeht: die Probleme spitzen sich zu. Aber nicht nur in Griechenland brodelt es gewaltig, sondern auch in Spanien, Italien, Frankreich und Zypern. Die Bankenprobleme in der Südschiene werden zum Hauptproblem.
von Andreas Männicke
Die Euro-Krise gewinnt an Dynamik. Die Parlamentswahl in Griechenland wird als „Schicksalswahl“ nicht nur für Griechenland selbst, sondern auch den Euro bezeichnet. Das Wahlergebnis und die Konsequenzen des Wahlergebnisses werden sich auch unmittelbar auf die Börsenkurse niederschlagen. Es kann dramatisch werden, wenn es wieder eine Patt-Situation ohne Einigung gibt. Wenn sich aber eine „Koalition der Vernunft“ bilden kann und Griechenland das Sparprogramm der Troika billigt und umsetzt, kann es auch eine fulminante Erleichterungsrallye an der Börse geben, die durch ein Short-Squeeze unterstützt wird.. Es gibt auch Spekulationen, dass sich die konservative Partei Nea Dimokratia als Sieger aus der Wahl hervorgeht. Auch das würde die Börse begrüßen.
Aber nicht nur in Griechenland brodelt es gewaltig, sondern auch in Spanien, Italien, Frankreich und Zypern. Zypern könnte das nächste Land sein, was unter den europäischen Rettungssschirm muss. Der Euro ist bekanntlich ein politisches Kunstprodukt, der zwar viele Vorteile bietet, aber den Euroländern, die dauerhaft nicht die Wettbewerbsfähigkeit haben, nun in Schwierigkeiten bringen, da sie nicht abwerten können. Sie sind im Euro-Korsett gefangen und die Misere verschärft sich dadurch in den Ländern. Es gibt nicht die Möglichkeit der Währungspolitik. Wie aber bekommen wir jetzt die Kuh vom Eis? Einige linke Griechen sagen: das Geld von Europa wollen wir gerne, aber es wird nicht zurückgezahlt. Dann kann man das entweder unter innereuropäischer Erpressung oder unter Entwicklungshilfe abbuchen.
Es bleiben die Probleme der anderen südeuropäischen Länder, aber auch die Verschuldungsprobleme in den USA und in Japan. Wann läuft das Fass über? Jeder neue Rettungssschirm löst das Problem nicht, sondern verschiebt es nur in die Zukunft. Keiner wird später zurückzahlen können. Kann aber Deutschland für alle haften und bürgen?
Die Mehrheit der Deutschen wollen die DM wieder haben und dies empfehlen sogar einige namhafte US-Ökonomen als beste Lösung. Dann aber würde der Export nach Europa einbrechen, da die DM zu stark aufwerten würde. Es ist die Frage, ob die Bundesbank dann so stark ist wie die Schweizer Notenbank, die den Schweizer Franken bei 1,20 EUR/CHF zementiert
Die Diskussion um Eurobond und des Schuldentilgungsfonds ist eine nachträgliche Prämierung der Schuldensünder der Vergangenheit. Auch in einem Schuldentilgungsfonds müsste festgelegt werden, dass die südeuropäischen Länder selbst mehr zurückzahlen müssen. Sicherlich muss mehr Solidarität in Europa eingefordert werden. Dies darf aber nicht so aussehen, dass Schuldensünder für ihre Sünden der Vergangenheit nicht belangt werden können. Zudem wird der Druck geringer, für die notwendigen Strukturreformen zu sorgen.
Was mir fehlt für eine glaubhafte Wachstumsstory ist die Förderung von Aktienkapital, Private Equity und Venture Capital, das 10-mal besser ist als irgendwelche staatlichen Kreditbanken. Nicht Schulden können das Problem lösen durch neue Schulden, sondern der Einsatz von Eigenkapital. Zudem fordere ich mehr persönliche Haftung und Verantwortung bei den Vorständen. Wir brauchen wieder mehr innovative, aber auch zuverlässige und verantwortungsbereite Entrepreneure à la Schumpeter vor allem im Mittelstand, um eine Wachstumsstory glaubhaft aufzubauen. Staatliche Notprogramme und Wachstumsfinanzierung auf Pump führen ins Verderben. Das ist ordnungspolitisch alles machbar, wird aber nicht gemacht.
Ich rechne in naher Zukunft mit einer konzertierten Aktion der großen Notenbanken der Welt, falls es in Griechenland zu keiner „europafreundlichen“ Regierung kommen kann. Deswegen stieg auch der Dow Jones Index schon am 14. Juni um 150 Indexpunkte. Falls es nun noch am 17. Juni zu einem positiven Wahlausgang kommen sollte, dürften die Kurse explodieren. Der DAX reagierte am Donnerstag noch sehr verhalten und schloss am Donnerstag noch leicht im Minus bei 6138 Indexpunkten. Am Freitag stieg er aber auch um 1,47% auf 6229 Indexpunkte, weil sich auch hier nun auch in Deutschland das Gerücht durchsetzte, dass die Notenbanken die Schleusen am Montag weit aufmachen werden, falls es in Griechenland zu einem politischen Debakel kommen sollte. Besonders der Bankensektor erholte sich letzte Woche, allen voran die Commerzbank. Sollte sich tatsächlich irgendeine Lösung abzeichnen, dann dürften die Banken den größten Sprung nach oben machen. Umgekehrt werden die Bankenkurse als erste wieder abtürzen, wenn sich die Krise zuspitzt.
Am Freitag waren fast alle Weltbörsen hoffnungsvoll im Plus. Trotz schwacher US-Konjunkturdaten – das US-Verbrauchervertrauen nahm wieder ab – stieg der Dow Jones um 0,88% auf 12.767 Indexpunkte. Sogar der Loser Facebook konnte in den letzen beeiden Handelstagen um 8% ansteigen. Auch die Ostbörsen konnten am Freitag deutlich zulegen. Der russische RTS-Index stieg um 2,29% auf 1339 Indexpunkte. Sogar der Euro blieb zum Dollar stabil bei 1,26 EUR/USD. Ist das die Ruhe vor dem Sturm?