Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft und der Eurozone ist weiterhin höchst optimistisch.
von Sven Weisenhaus
Darauf deuten der gestrige ZEW-Index und die heutigen Einkaufsmanagerindizes hin (siehe unten). Wegen dieser äußerst positiven Konjunkturdaten ist der Euro zum US-Dollar auf ein neues Trendhoch ausgebrochen (siehe grüner Pfeil im Chart). Er notiert somit auch auf einem neuen Drei-Jahres-Hoch.
Die kleine Seitwärtstendenz der vergangenen Tage (gelbe Linien) hat sich damit als kurze, trendbestätigende Konsolidierung in der intakten Aufwärtsbewegung herausgestellt. Die Bullen bleiben dadurch nach dem dynamischen Ausbruch aus der mehrmonatigen Seitwärtsbewegung (oberes gelbes Rechteck) klar im Vorteil.
Fluch und Segen der Euro-Stärke
Für alle EUR/USD-Long-Trader ist diese Kursentwicklung ein Segen. Sie können den Stopp nun bis unter die heutige Ausbruchskerze eng nachziehen und die Gewinne weiter laufen lassen. Für die Europäische Zentralbank (EZB) handelt es sich dagegen bei der Euro-Stärke um einen Fluch. Und sie wirft einen Schatten auf die morgige Zinsentscheidung.
Euro-Stärke ist schlecht für die EZB
Eigentlich ist es so langsam Zeit, die „Forward Guidance“, also den Ausblick auf die zukünftige Geldpolitik der EZB, an die aktuelle wirtschaftliche Situation anzupassen. Denn bislang hat die Notenbank noch stets auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Anleihekäufe bis Ende September 2018 „oder erforderlichenfalls darüber hinaus“ erfolgen sollen. Doch eine erneute Verlängerung des Kaufprogramms dürfte kaum mehr zur wirtschaftlichen Entwicklung der Eurozone passen. Deshalb sollte die entsprechende Textpassage eigentlich gestrichen werden.
Die Märkte haben Hinweise darauf aber bereits als Vorboten für eine schnellere geldpolitische Wende interpretiert und den Euro wegen der Aussicht auf höhere Zinsen steigen lassen. Dieser Anstieg belastet jedoch einerseits die europäische Exportwirtschaft (wohl nicht ganz zufällig zeigt der exportlastige DAX seit dem Euro-Ausbruch wieder eine relative Schwäche zu den US-Indizes) und drückt andererseits auf die Inflation. Letzteres, weil zu importierende Waren durch einen steigenden Euro-Kurs billiger werden. So ist zum Beispiel der Ölpreis seit Anfang November in US-Dollar um 9,5 % gestiegen, in Euro aber nur um 3 %. Und durch derartige Effekte rückt das Inflationsziel der EZB in weitere Ferne. Nach ihren Prognosen würde eine Euro-Aufwertung auf 1,36 US-Dollar die Inflationsrate um 0,6 Prozentpunkte drücken.
Wird die EZB einen bullishen Trendbruch verhindern?
Die EZB könnte daher morgen verbal intervenieren, indem der Wortlaut zu den geldpolitischen Beschlüssen („oder erforderlichenfalls darüber hinaus“) unverändert bleibt und EZB-Chef Mario Draghi zudem auf der Pressekonferenz den Spekulationen auf eine rasche Zinserhöhung eine Absage erteilt. Dies könnte zumindest kurzzeitig den Kurs noch einmal drücken.
Charttechnisch würde dies genau zum richtigen Zeitpunkt kommen. Denn der EUR/USD steht gerade an einer wichtigen Abwärtstrendlinie (dick rot im folgenden Chart). Diese verläuft derzeit bei 1,23013 USD. Der Euro steht also bereits leicht oberhalb dieser Linie. Mit Hilfe der EZB könnte es zu einem Fehlausbruch kommen.
Andernfalls hätte der Wechselkurs weiteres Potential bis zur äußeren Abwärtstrendlinie (obere rote Linie), die aktuell bei 1,26854 USD verläuft.
Fazit
Offiziell will die EZB keinen Einfluss auf den Euro-Wechselkurs nehmen. Doch dessen aktuelle Aufwertungstendenz mildert die Wirkung der Geldpolitik. Und die aktuelle Kursentwicklung spricht ganz klar für weiter steigende Notierungen. Daher dürfte es spannend werden, wie die Notenbank morgen damit umgeht.
Eine Anpassung der „Forward Guidance“ dürfte die Aufwärtsbewegung weiter befeuern. Wird der bisherige Wortlaut der Beschlüsse aber beibehalten und folgt eine verbale Intervention Draghis durch eine Bekräftigung des bisherigen geldpolitischen Kurses, könnte es im Euro zu einem Rücksetzer kommen.