Unglaubliche Frechheit: Obwohl Deutschland 27 Prozent des EZB-Kapitals hält und entsprechend haftet ist die Bundesbank nur mit einer Stimme im EZB-Rat vertreten. Bei einer Erweiterung der Eurozone würde die Bundesbank künftig sogar alle fünf Monate ihren Sitz im EZB-Rat räumen müssen.
Die Warnung des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) vor einem Verlust des Stimmrechts Deutschlands in der Europäischen Zentralbank (EZB) bei einer Erweiterung der Eurozone hat gemischte Reaktionen ausgelöst. Einige Berliner Politiker teilen seine Sorge. „Die FDP legt größten Wert darauf, dass Deutschland im EZB-Rat stets mit Sitz und Stimme angemessen vertreten ist“, sagte der FDP-Fraktionsvize Volker Wissing der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z. / Mittwochsausgabe). Langfristig sollte die Sitzverteilung den Haftungsanteil des jeweiligen Landes widerspiegeln.
Die Bundesbank hat im EZB-Rat eine von 23 Stimmen (17 nationale Zentralbanken und sechs Direktoriumsmitglieder), obwohl Deutschland 27 Prozent des EZB-Kapitals hält und entsprechend haftet. Bei einer Erweiterung der Eurozone um zwei Länder würde die Bundesbank nach den beschlossenen Rotationsregeln alle fünf Monate ihren Sitz im EZB-Rat räumen müssen. Söder fördert, diese Rotationsregel für die fünf größten Länder zu stoppen.
Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler forderte eine Stärkung der Mitbestimmung für Deutschland als wichtigste Volkswirtschaft in der Eurozone: „Die Nehmerländer dürfen die Geberländer nicht majorisieren.“ Bis das geändert sei, müsse sich Deutschland gegen die Aufnahme neuer Mitglieder in die Eurozone sperren.
Aus dem Bundesfinanzministerium erhielt Söder eine Absage. „Das Rotationsprinzip trägt den Gesichtspunkten vernünftiger Entscheidungsfindung und angemessener Repräsentation der Mitglieder einer größeren Währungsunion Rechnung“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) der F.A.Z. „Für eine Reform sehe ich keine Notwendigkeit, zumal die Stabilitätsphilosophie in vielen, auch kleineren Ländern, stärker verankert ist, als manche aktuelle Debatte zeigt.“
Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle sagte hingegen: „Das vorgesehene Rotationsprinzip ist nicht unproblematisch.“ Zu gegebener Zeit müsse man die Abstimmungsregeln „noch einmal sehr sorgfältig anschauen“. Derzeit gebe es aber in Europa drängendere Probleme.