Weite Bevölkerungskreise empfinden die EU als eine undemokratische Festung, die ihnen Freiheit und Selbstbestimmung raubt. - Die EU war nicht fähig oder willens eine vollständige Demokratie umzusetzen.
Von Walter Strack
Die Reaktionen auf den Brexit offenbaren eine Festungsmentalität, die das Spektrum möglicher Auswege unnötig einschränkt. So verwundert es nicht, dass unverzüglich eine weitere Vertiefung gefordert wird. Dabei ist die weitere Vertiefung gerade abgewählt worden, in Großbritannien offiziell und viele andere Staaten stehen kurz davor. Weite Bevölkerungskreise empfinden die EU als eine undemokratische Festung, die ihnen Freiheit und Selbstbestimmung raubt.
Der Befund ist:
1. Die EU als Freihandelszone ist attraktiv.
2. Der EU als politische Union ist unattraktiv.
3. Die Nutzung der Freihandelsvorteile, um die politische Union zu befördern, zerstört die Attraktivität der Freihandelszone.
Der europäische Binnenmarkt ist eine große Errungenschaft und hat Europa wirtschaftliche Vorteile gebracht. Der Abbau von Handelshemmnissen und einheitliche Standards haben einen großen Markt geschaffen.
Die politische Union ist unattraktiv, dies zeigt die Wahlbeteiligung der Europawahl 2014 in Höhe von 42,5%. Das EU-Parlament wird nicht entsprechend „one man, one vote“ gewählt und ihm fehlt das Initiativrecht. Die EU war nicht fähig oder willens eine vollständige Demokratie umzusetzen. Der Wähler verweigert sich – wofür sollte er sich begeistern?
Die Parlamentarier verstehen sich als Vertreter ihres Landes. Dies gilt auch für die Kommissare, sie werden von den Nationalstaaten entsandt und nicht nach Qualifikation berufen. Die politische Union funktioniert nur, wenn jedem Staat genug Vorteile verbleiben. Dies ist aber nicht bei allen Entscheidungen möglich. Der politischen Union fehlt das Grundverständnis der Zusammengehörigkeit.
Die politische Union fällt von einer Krise in die nächste: Verfassungskrise, Eurokrise, Schuldenkrise, Wirtschaftskrise, Flüchtlingskrise, Brexit-Krise – Fortsetzung garantiert. Der Bürger erlebt die EU als eine Aneinanderreihung von Krisen, EU wird zum Synonym für Krise. Die Krisenhäufung ist das Symptom einer fehlerhaften DNA, der politischen Union mangelt es an lebensfähigen Erbanlagen.
So kann die politische Union keine Attraktivität für die Bürger entfalten.
Dessen ungeachtet, soll die politische Union vertieft werden. Ein neuer europäischer Vertrag wird wegen absehbarer Ablehnung bei den anstehenden Volksabstimmungen gemieden. Eine Rückübertragung von Kompetenzen an die Nationalstaaten widerspricht dem Credos der immer engeren Union. Die heimliche technokratische Umsetzung zerstört das Vertrauen – ohne Vertrauen keine Gefolgschaft.
Niemand wirft die Frage auf, ob eine immer engere Union einer Zentralisierung gleichzusetzen ist. ALFA stellt der Zentralisierung die Zusammenarbeit in einem à la Carte System entgegen. Damit ergäbe sich Zusammenarbeit, wenn diese als attraktiv empfunden wird. Eine EU à la Carte würde als freiheitliches und freiwilliges System wahrgenommen. Das ALFA-Konzept macht die EU wieder attraktiv.
Ungeachtet der mangelnden Attraktivität soll die politische Union weiter zentralisiert werden. Die wirtschaftliche Union soll weiterhin die Argumente liefern. Die Liste fragwürdiger Entscheidungen wird fortgesetzt:
- Investitionen werden nach politischer Opportunität vorgenommen und nicht nach Rendite. Klassisches Beispiel ist die überdimensionierte Infrastruktur in Südeuropa und Infrastrukturdefizite in deutschen Wirtschaftszentren.
- Der Euro soll die politische Union befördern. In Realität ist er eine Wachstumsbremse und führt uns in eine Haftungsunion. Es ist sinnbefreit eine dysfunktionale Währung mit Bankenunion, Sozialunion und EU-Steuer retten zu wollen.
- Viele Verordnungen weisen neben notwendigen Regelungen zum Binnenmarkt auch Elemente der Wirtschaftssteuerung auf. Dies soll in eine Wirtschaftsregierung münden. Wie soll der Widerspruch von Wirtschaftsregierung und freier Marktwirtschaft überwunden werden?
- Die nationalen Justizsysteme werden von den europäischen abhängig. Dies schafft rechtliche Unsicherheiten und erhöht Zeitbedarf und Kosten der rechtlichen Klärung. Dabei soll Rechtssicherheit in Freihandelszonen den Handel fördern.
Was als Freihandelszone startete, verkehrt sich bei Brexit, CETA und TTIP ins Gegenteil. Den Briten wird der Verlust des freien Marktzugangs angedroht. CETA und TTIP werden inzwischen weithin abgelehnt, ein Abschluss kommt einem politischen Selbstmord gleich. Ein entscheidender Grund ist das fehlende Vertrauen in die handelnden Personen und Institutionen, die durch die Heimlichtuerei noch befeuert wird.
Ohne CETA und TTIP büßt der europäische Binnenmarkt an Attraktivität ein und die Chance mit TTIP die Blaupause des zukünftigen Welthandels mitzugestalten, wird vertan.
Die europäischen Bürger ärgern sich über eine Vielzahl von Verordnungen und politischen Entscheidungen. Die Politiker verweigern sich dem Eingeständnis, dass die gesamte EU in der falschen Richtung unterwegs ist.
Die etablierten Parteien kennen nur das weiter so, einzig ALFA hat mit Europa à la Carte einen Ausweg aufgezeigt. Wir brauchen ein offenes und wirtschaftlich starkes Europa für Wohlstand und Frieden.
Das Positionspapier PDF ist abrufbar unter: http://alfa-bund.de