Wenn die Eurozone das größte Risiko für das globale Finanzsystem darstellt, dann ist Italien das Epizentrum. Das Ausmaß der notleidenden Kredite italienischer Banken wird auf circa 400 Milliarden Euro geschätzt.
Von Uli Pfauntsch
Bankrotte Euro-Zonen-Staaten (PIGS) können bekanntlich nur deshalb überleben, weil die Europäische Zentralbank Monat für Monat 80 Milliarden Euro aus heißer Luft kreiert und die Zinsen der Staatsanleihen künstlich in den negativen Bereich drückt.
Was aber, wenn Mario Draghi in absehbarer Zeit nicht die bankrotten Euro-Staaten „retten“ muss, sondern den Euro selbst?
Beides gleichzeitig wird nicht möglich sein. Um Stagflation (Stagnation + steigende Preise) bei einem anhaltenden Euro-Verfall abzuwehren, wäre Draghi gezwungen, die Zinsen zu erhöhen. Dummerweise sind die größten und wichtigsten europäischen Banken, insbesondere die der PIGS-Staaten (Portugal, Italien, Griechenland, Spanien) so stark unterkapitalisiert, dass sie höhere Zinsen ohne Rettung durch den Staat wohl kaum überleben würden.
Die konkreten Folgen eines Austritts am Beispiel von Italien
Offiziell beläuft sich die Staatsverschuldung Italiens auf 130 Prozent. Nachdem der öffentliche Sektor für 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steht, beläuft sich die Staatsverschuldung auf 260 Prozent des italienischen Steuereinkommens. Wie üblich, dürften diese offiziellen Zahlen die tatsächliche Situation noch kaschieren.
Wenn die Eurozone das größte Risiko für das globale Finanzsystem darstellt, dann ist Italien das Epizentrum. Das Ausmaß der notleidenden Kredite italienischer Banken wird auf circa 400 Milliarden Euro oder mehr als 20 Prozent aller ausstehenden Forderungen geschätzt. Lässt man den öffentlichen Sektor außen vor, dann entsprechen diese notleidenden Kredite etwa 40 Prozent des privaten Anteils am Bruttoinlandsprodukt.
Stellen Sie sich vor, dass die Rendite für 10-jährige italienische Staatsanleihen, die aufgrund der EZB-Manipulation bei absurd niedrigen 1,5 Prozent notiert, die tatsächliche finanzielle Situation Italiens reflektiert und sich in einer Bandbreite von 7 bis 10 Prozent bewegt.
Dieser Vorgang würde in einer Abschreibung dieser Staatsanleihen zwischen 40% und 50% resultieren. Der Effekt auf die Bilanzen der europäischen Banken wäre desaströs. Regierungen der PIGS Staaten, Finanzinstitute und der private Unternehmenssektor würden umgehend an die Wand fahren. Ein derartiger Schuldenschnitt hätte auch für die mehr als zwei Billionen Euro deutscher Sparvermögen katastrophale Auswirkungen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre vermutlich auch das Ende des Euro besiegelt.
Doch so weit wird es Draghi voraussichtlich nicht kommen lassen. Die Europäische Zentralbank kann auch im negativen Eigenkapital operieren. Ihr kann nicht das ausgehen, was sie selbst in der Lage ist, unbegrenzt zu erzeugen. Die EZB wird deshalb weiterhin im großen Stil notleidende Anleihen aufkaufen, um Banken und bankrotte Mitgliedsstaaten am Tropf zu halten.
Das eigentliche Opfer dieser rücksichtslosen Geldpolitik ist der Euro selbst. Denn angesichts der rekordhohen Verschuldung der Mitgliedsstaaten wird die EZB nie in der Lage sein, die Leitzinsen ausreichend anzuheben, um Inflation zu bekämpfen. Ganz im Gegenteil: Selbst Zinsen im niedrigen positiven Bereich von 1 bis 2 Prozent könnten bereits ausreichen, um das Finanzsystem der Eurozone zum Einsturz zu bringen.
Das wahrscheinlichste Szenario ist Stagflation. Diese ist gekennzeichnet von steigenden Preisen für Güter und Lebensmittel, fallenden Asset-Preisen und künstlich manipulierten Zinsen, die die Kaufkraft der Gemeinschaftswährung weiter untergraben.