Top-Ökonom Dennis Snower kritisiert Wirtschaftswissenschaften: „Ich zweifle an den Grundlagen meiner Disziplin“.
Dennis Snower, der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, zweifelt an den Grundlagen der Ökonomie. „Die Ökonomie versagt völlig, wenn sie mein Leben erklären soll“, sagte Snower im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“. Snower kritisiert vor allem die Grundannahmen der Wirtschaftswissenschaften, die zwischenmenschliche Beziehungen weitgehend ausblendet: „Ökonomen glauben, dass jeder Mensch ein Individuum ist, das eigene Vorlieben und Fähigkeiten hat und Entschlüsse trifft, die es den eigenen Zielen näher bringt“.
Soziale Aspekte spielten dabei keine Rolle, kritisierte Snower: „Die wichtigsten Erlebnisse meines Lebens hatten allesamt mit zwischenmenschlichen Beziehungen zu tun. Alles, was in meinem Leben wichtig ist, ist unvereinbar mit Selbstsüchtigkeit. Dieses Fundament unserer Wissenschaft ist tatsächlich Quatsch“, sagte der Institutsleiter der „Welt am Sonntag“. „Diese Erkenntnis war hart für mich.“
Er habe schon früh an den Grundlagen der Ökonomie gezweifelt, erinnert sich der international renommierte Top-Ökonom: „Schon vor 30 Jahren hatte ich große Zweifel.“ Dennis J. Snower, 61, gilt als einer der profiliertesten Ökonomen hierzulande. Seit 2004 ist er Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und Professor an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Er gilt als internationaler Experte für Arbeitsmärkte und Beschäftigungspolitik.