Bei Coca-Cola-Deutschland eskalieren die Tarifverhandlungen. Bei keinem der wichtigsten Streitpunkte – Arbeitszeit und Lohnsteigerung – bewegt sich nach Gewerkschaftsangaben irgendetwas. Nach dem Ende der Friedenspflicht will die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) nach Informationen der „Welt“ Warnstreiks organisieren. Konkret könnten in den letzten beiden Januarwochen die Abfüllanlagen in den 24 Fabriken von Coca-Cola stehen bleiben, zumindest an mehreren Tagen. Danach treffen sich am 30. Januar Gewerkschaftsvertreter und Management zur nächsten Verhandlungsrunde in Berlin. Weitere Termine sind bislang nicht ausgemacht.
Nach zwei vergleichsweise ruhigen Jahren in der deutschen Tochtergesellschaft des US-Konzerns Coca-Cola Company mit Sitz in Atlanta kippt die Stimmung: Ähnlich wie im Jahr 2010 streiten Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter um grundsätzliche Veränderungen in dem Betrieb mit 10.600 Beschäftigten. Betroffen ist die Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG in Berlin, die Abfüllgesellschaft des Konzerns. Im Detail geht es zunächst um die Lohnerhöhung: Von NGG gefordert sind sechs Prozent, vom Arbeitgeber angeboten werden 2,5 Prozent für 2013 und zwei Prozent für 2014. Für die Belegschaft hat es in den vergangenen Jahren Nullrunden oder Lohnerhöhungen im Umfang der Inflationsraten gegeben. Die Gewerkschaft NGG spricht davon, dass das Unternehmen dadurch im Branchenvergleich jährlich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gespart hat.
Wichtiger noch für den Konflikt sind Pläne des Managements beim Thema Arbeitszeit. „Flexibilität ist für uns notwendig, um schnell auf Marktanforderungen reagieren zu können und unsere Position in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld zu erhalten“, sagte ein Sprecher des Unternehmens der „Welt“. Das Absatzvolumen schwanke je nach Saison in den Betrieben stark. An der Wochenarbeitszeit von 37,5 oder 38 Stunden solle sich zwar nichts ändern, jedoch solle an mehr Samstagen gearbeitet werden.
Die Gewerkschaft NGG hält dagegen: Flexible Arbeitszeit mit bis zu 48 Wochenstunden und Arbeit an Samstagen gebe es bei Coca-Cola bereits, Regelungen dazu seien im vergangenen Tarifvertrag im Jahr 2010 vereinbart worden. „Die Geschäftsführung hat die Möglichkeiten nur nicht genutzt. Jetzt hat das Management die eigenen Prozesse und Abläufe nicht im Griff und will das auf dem Rücken der Beschäftigten austragen“, sagte Claus-Harald Güster, stellvertretender NGG-Vorsitzender, der „Welt“. Angestrebt werde eine Sieben-Tage-Woche und Zusatzarbeit ohne Absprache mit den Betriebsräten. Die Gewerkschaft wirft der Geschäftsführung vor, den Personalbedarf unrealistisch zu berechnen: Dieser Bedarf sei viel zu niedrig angesetzt und solle nun über Zusatzarbeit ausgeglichen werden. „Wir fordern keine weitere Flexibilisierung, wir fordern mehr Geld“, sagte Güster der Zeitung.
Noch aus einem anderen Grund wird der Druck ab Januar 2013 steigen: Die im vergangenen Tarifvertrag ausgehandelten und bundesweiten Bedingungen zur Arbeitszeit laufen Ende 2012 aus. Danach gelten wieder die Bestimmungen der regionalen Tarifgebiete. Konkret bedeutet dies, dass in den Betrieben nicht mehr ohne weiteres an Samstagen gearbeitet werden kann. Auch können die Beschäftigten Mehrarbeit an anderen Tagen verweigern. Darüber gibt es bereits jetzt gerichtliche Auseinandersetzungen.
Ohnehin ist die Lage angespannt: Coca-Cola will in Deutschland etwa 450 Stellen streichen und die Bereiche Finanzen und regionales Marketing in Berlin zusammenfassen. Die Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG ist mit einem Absatz von mehr als 3,7 Milliarden Litern das größte deutsche Getränkeunternehmen. Die Gesellschaft ist sogenannter Konzessionär des Mutterkonzerns aus Atlanta und darf rund 70 Markengetränke in 24 Getränkefabriken in Deutschland abfüllen und verkaufen.