Die Euro-Krise spitzt sich zu. Wirtschaftsweiser Schmidt warnt vor Euro-Austritt Italiens. Vorsitzender des Sachverständigenrats fordert Frankreich zu Reformen auf. – „Deutschland wird große Lasten tragen müssen“.
Der neue Vorsitzende des Sachverständigenrats, Christoph M. Schmidt, hat vor den Folgen eines Euro-Austritts Italiens gewarnt. „Wenn Italien ausscheiden sollte, würde die Währungsunion wohl nicht überleben“, sagte der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsforschungsinstituts (RWI) im Interview mit der „Welt“. Zwar könne niemand die genauen Folgen eines solchen Schrittes vorhersagen. „Aber ich sehe die ernsthafte Gefahr eines Dominoeffekts, sobald ein so bedeutender Mitgliedstaat wegbricht.“
Der FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle hatte zuvor einen möglichen Euro-Austritt Italiens ins Spiel gebracht. Das Land müsse sich entscheiden, ob es sich bei der gemeinsamen Währung anpassen wolle, sagte er. Schmidt befürchtet jedoch, dass Investoren im Falle eines Austritts die Integrität der Währungsunion insgesamt infrage stellen werden. „Das kann schnell zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler.
Schmidt forderte die Krisenländer der Euro-Zone auf, an ihrem Reformkurs festzuhalten. Auch für Frankreich hält er dies für geboten. „Ich würde Frankreich noch nicht als kranken Mann Europas bezeichnen. Aber es besteht die Gefahr, dass uns dieses Land noch große Sorgen bereiten könnte“, sagte er. Man könne nur hoffen, dass die sozialistische Regierung unter Präsident Francois Hollande nicht alle ihre Wahlversprechen erfülle. Stattdessen empfiehlt der Wirtschaftsweise, sich ein Beispiel an der deutschen Reformagenda zu nehmen: „Für Frankreich geht es darum, unter anderem durch eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes auf einen neuen Wachstumspfad zu kommen. Auch wenn dieser Weg unbequem sein mag.“
Deutschland wiederum müsse seiner Verantwortung für Europa auch weiterhin gerecht werden. „Man kann als Mitglied des Euro-Raums nicht die Zinsvorteile mitnehmen und sagen, ansonsten geht mich die Krise nichts an“, sagte Schmidt weiter. „Deutschland wird in jedem Fall große Lasten tragen müssen.“ Das gelte sowohl für den Fall, dass die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin die Wackelkandidaten des Euro stütze, wie auch für den Fall, dass die Fiskalpolitik in Europa künftig stärker die Verantwortung übernehmen sollte. „Natürlich birgt das große Belastungen. Aber wenn der Euro-Raum auseinanderbrechen sollte, wäre das immer noch die wesentlich teurere Lösung“, sagte Schmidt weiter.