In dem Verfahren von Jürgen Elsässer gegen Jutta Ditfurth scheint sich eine Niederlage für die Angeklagte abzuzeichnen. Mit dem Vorwurf, Elsässer sei ein "glühender Antisemit" sei Ditfurth ein Schritt zu weit gegangen, erklärte die Richterin.
Jutta Ditfurth als Beklagter vor dem Münchener Gericht
Von Jürgen Elsässer
Darf COMPACT mit der Antisemitismuskeule mundtot gemacht werden? Die Altlinke Jutta Ditfurth hatte mich als Chefredakteur auf 3sat Mitte April als “glühenden Antisemiten” bezeichnet. Dagegen hatte ich geklagt.
Die Hauptverhandlung war gestern vor dem Landgericht München. Sitzungssaal 219 war bis auf den letzten Platz besetzt, die 50 Zuschauer teilten sich etwa hälftig in Anhänger von Ditfurth und in Leser von COMPACT.
Während Ditfurth und ihr Anwalt darauf bestanden, dass “glühender Antisemit” eine legitime Meinungsäußerung sei, wiesen ich und mein Rechtsbeistand darauf hin, dass es sich hierbei um eine substanzlose Schmähung und ein “Killerargument” handele. Ich zitierte einen berühmten Journalistenkollegen, den FOCUS-Chefredakteur Helmut Markwort: “Einen Deutschen einen Antisemiten zu nennen, ist die größte denkbare Diffamierung, denn sie assoziiert Rassenhass, Massenmord, Auschwitz… Antisemit – das ist ein Killerwort. An wem es klebt, der ist gesellschaftlich und politisch geächtet…” (aus: FOCUS Ausgabe 22/2000) Ich ergänzte: Die Schmähung als “Antisemit” sei schon für einen Angehörigen gewöhnlicher Berufsgruppen ausgrenzend und isolierend – auch ein Schuster oder Zahnarzt müsse mit dem Verlust von Bekannten und Kundschaft rechnen, wenn das Etikett an ihm kleben bliebe. Würde ein Journalist wie ich so verleumdet, komme dies aber weitergehend einer Existenzvernichtung gleich: Kein Politiker oder Sachexperte sei mehr bereit, mit einem “glühenden Antisemiten” für Auskünfte, Hintergrundgespräche oder Interviews zusammenzuarbeiten. Der Journalist, der so bezeichnet würde, müsse seinen Beruf an den Nagel hängen.
Bei der Verhandlung war bemerkenswert, dass Ditfurth und ihr Anwalt erneut kein einziges Zitat oder irgendeinen anderen Beleg liefern konnten, wo ich mich feindlich oder abfällig gegenüber Juden geäußert hatte. Kein einziges! Dies wurde sogar offen eingestanden! Elsässer sei “gewiss zu klug und zu geschickt, um eindeutig als antisemitisch zu entlarvende Aussagen zu machen”, gaben Ditfurth und ihr Rechtsbeistand zu. Ich verschlüssele meinen “glühenden Antisemitsmus” aber in Codes wie der Kritik an der internationalen Finanzoligarchie und der US-Notenbank Federal Reserve, führten sie aus. Meine Schlussfolgerung: Offensichtlich soll also Kritik am Finanz- und Bankensystem mit dem Killerwort “Antisemitismus” abgeräumt werden.
Die Richterin ließ anklingen, dass sie der Argumentation von Ditfurth eher nicht folgen werde. Dies wird auch im heutigen Taz-Prozessbericht deutlich: “Doch die Richterin deutet eine andere Meinung an. Es handele sich zwar eindeutig um eine Meinungsäußerung, auch sei diese nicht persönlich, sondern zur Sache gewesen, trotzdem ist Ditfurth in ihren Augen ‘den einen Schritt zu weit’ gegangen. Der Antisemitismusvorwurf sei ein ‘Totschlagargument’.”
Gegenüber dem ihr nahestehenden Blog “schlamassel” äußerte sich Ditfurth enttäuscht über den gestrigen Prozesstag: „Die Gefahr, dass ich den Prozess erstinstanzlich verliere, ist bei einer Richterin ziemlich hoch, die die Bezeichnung ‚Antisemit‘ nur für Leute, die sich zugleich positiv auf das Dritte Reich und die Shoa beziehen, für angemessen hält.“ Die schlamassel-Blogger pflichten bei: “In dieser Instanz ist nicht viel zu gewinnen. Eine Richterin, die immer noch euphemistisch vom ‘Dritten Reich’ anstatt von Nazi-Terror spricht, für die Elsässers Hetze offenbar eine Lappalie und der Antisemitismusvorwurf ein ‘Totschlagargument’ ist, bestellt sich besser ein Compact-Abo und schaut sich die nächste Instanz vom Zuschauerraum aus an.” Offensichtlich ist: Diese Leute würden am liebsten nicht nur Elsässer und COMPACT mundtot machen, sondern auch noch die Richterin.
Das Urteil wird zum 19. November erwartet.
In Kürze folgt auf COMPACTTV ein Filmmitschnitt zum gestrigen Prozess, auch mit Äußerungen von Prozessbeobachtern, darunter Gerhard Wisnewski und Wolfgang Eggert.