Griechenlands Linken-Chef Tsipras kalkuliert: Werden Griechenland die Schulden nicht komplett erlassen, verabschiedet es sich aus dem Euro. Schäuble und Merkel werden dann zusammen mit der Eurozone untergehen.
„Der Austritt aus dem Euro wäre für Griechenland eine sehr gefährliche Angelegenheit, während die EU einen solchen Austritt verkraften würde. Daher sollen sich die Griechen dreimal überlegen, wen sie wählen, meint der Ökonom und Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) Michael Hüther gegenüber „Die Welt“ am 29.12.2014
Kommentar von Karl von Francois
Mit Verlaub: Die Stellungnahme des "Ökonomen Hüther" liegt zwar im Trend des Mainstream, ist dennoch reichlich töricht: Abgesehen vom enormen Verlust der Griechenkredite (ca. 300 Milliarden Euro, wovon mindestens 27% den deutschen Steuerzahler betreffen würden/werden) existiert überhaupt kein geordnetes Euro-Ausstiegsszenario für die Griechen.
Werden diese durch interne oder externe Aktionen aus der Eurozone herausgebrochen, sorgt das europäische Zentralbankensystem Target-2 (www.target-2.de) gewissermaßen automatisch für den Zusammenbruch des Eurosystems.
Das dämmert Schäuble, Merkel & Co bruchstückhaft erst seit 2012, während das griechische Schreckgespenst Alexis Tsipras diese Mechanik von Anfang an sofort verstanden hat. Kein Wunder, dass er diese Karte nun gnadenlos ausspielt.
Verbal kündigt er schon den Untergang von Schäuble und Merkel nach folgender Gleichung an: Werden Griechenland – unter seiner zukünftigen Führung – die Schulden nicht komplett erlassen, verabschiedet es sich aus dem Euro und Schäuble und Merkel werden dann zusammen mit der Eurozone untergehen. Diese logische Konsequenz ist vielen Bürgern hierzulande nicht klar. Die hysterischen Reaktionen des Mainstream und der führenden Europolitiker aber zeigen, dass Tsipras richtig kalkuliert.
Die von Anfang an sinnlosen Rettungsaktionen für Griechenland gehen voll auf das Konto von Finanzminister Schäuble und die Deutschen werden diese gewaltige Rechnung überwiegend oder ganz bezahlen müssen.
Dazu kommen zeitgleich weitere extreme Belastungen: Der jetzige EU-Kommissionspräsident Juncker hat schon vor Jahrzehnten in Luxemburg ein (weitgehend heimlich operierendes) Steuerparadies für Superreiche und Konzerne eingerichtet. Das führt seit Jahren dazu, daß Deutschland jährlich Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe entgehen.
Folge: Jeder Deutsche zahlt mindestens 10 % zu viel Einkommensteuer. Das deutsche Finanzministerium hat gegen diese einzigartige finanzielle Mega-Schweinerei eines landkreisgroßen Nachbarstaates in der Vergangenheit keine wirksamen Abwehrmaßnahmen ergriffen.
Aber warum auch: Der zuständige Finanzminister Schäuble ist ja erstaunlicherweise neben seinem Job als Finanzminister auch Gouverneur der ausgerechnet ebenfalls in Luxemburg angesiedelten ESM-Bank, deren Geschäfte – Stützung der Eurozone – in Deutschland weitgehend unbekannt sind.
Was dort abläuft, wer dort was verdient etc. unterliegt in entscheidenden Punkten der Geheimhaltung und der Immunität (ein Außenstehender begreift da leichter die Sternendeuterei!). Kaum erstaunlich deshalb, dass Herr Schäuble das Luxemburger Steuerentziehungsmodell seines Kollegen Jean-Claude Juncker zwar „ärgerlich“ findet, er aber dennoch für dessen „staatlich legales“ Steuermodell Verständnis zeigt. Er wird seine Gründe haben. So meinte er etwa (gewissermaßen entschuldigend), es gebe ja solche Steueroasen schließlich auch anderswo, als nur in Luxemburg. Und dieser allzu verständnisvolle Mann ist immer noch deutscher Finanzminister – unbegreiflich!
Wie dem auch sei, Schäuble kündigte vor dem drohenden Hintergrund der Neuwahlen in Griechenland an, das Land solle "auf seinem Weg der Reformen mit Hilfe zur Selbsthilfe" weiter unterstützt werden, was im Klartext heißt, die Deutschen sollen mit weiteren Milliarden ins Risiko gehen, damit die sinnlosen Rettungsmilliarden und Zahlungsgarantien der Vergangenheit ihnen nicht kurzfristig als Finanzbombe um die Ohren fliegen.
Wenn Sie einem Dritten ihr ganzen Vermögen leihen und der verweigert die Rückzahlung – wer hat dann ein Problem? Und bei dieser Sachlage meint nun der Ökonom Hüther öffentlich vermelden zu müssen, bei Obsiegen von Alexis Tsipras in den anstehenden Wahlen wäre dieser mit seiner Forderung auf kompletten Schuldenerlass „derzeit gegenüber der EU in einer schlechten Verhandlungsposition“. Das öffentliche Gesundbeten, Herr Hüther, ist wirklich nicht Ihre Stärke; dass kann selbst Herr Schäuble noch besser!