"Noble Jump" - "Ehrenhafter Sprung" titelt die NATO ihr derzeitiges Manöver in Polen. Die Propagandapresse in Kriegslaune: "NATO probt Krieg gegen Russland", schlagzeilt BILD. Verteidigungsministerin Von der Leyen spielt Washingtons Speerspitze in Berlin. Nur die Linke hält dagegen.
Von Axel Retz
Noble Jump ("Ehrenhafter Sprung"): Unter diesem schönen Namen, der mich an Gasthöfe wie den „Edlen Hirschen“ erinnert, führt die NATO seit dieser Woche in Polen ein neues Großmanöver durch. Auf einem Gelände, auf dem Wehrmachtsgeneral Erwin Rommel („der Wüstenfuchs“) für seinen Einsatz in Afrika übte. Unsere Uschi war auch schon zugegen. Sieben Kinder hat sie. Mal sehen, was davon übrig bleibt, wenn die Politik so weiter macht.
Ob man den Ergebnissen von Meinungsforschungen heute noch über den Weg zu trauen kann, stelle ich einmal dahin. Zumindest sollte man die Ergebnisse genau lesen. Denn auch schlechte Ergebnisse lassen sich durchaus positiv verkaufen, zumal immer mehr Zeitgenossen das Gefühl für ihre Muttersprache abhanden gekommen zu sein scheint. Viele von Ihnen kennen diese nicht ganz ernst gemeinte Story vielleicht:
Zu Zeiten des Kalten Krieges fordert die UdSSR die USA zu einem Leichtathletik-Wettbewerb heraus, der in der Prawda als „weltgrößter internationaler Sportwettbewerb“ angekündigt wird. Bei den Wettkämpfen gehen die sowjetischen Sportler sang- und klanglos unter. Am nächsten Tag schreibt die Prawda: „Beim großen internationalen Sportwettbewerb konnte die UdSSR einen hervorragenden zweiten Platz erringen. Die USA landeten auf dem vorletzten Platz.“
Ernster zu nehmen ist hingegen eine Umfrage des amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup. Denn wie das SchweizMagazin berichtet, haben nur noch 33 Prozent der Amerikaner Vertrauen in ihren Präsidenten, beim obersten Gerichtshof sind es 32 Prozent. Beim US-Kongress gar erschreckende acht Prozent. „Dieser massive Mangel an Vertrauen in die US-Regierung und die nationalen Institutionen zeigt, dass 65 Prozent der Amerikaner glauben, die Nation sei auf dem falschen Weg.“, folgert Gallup.
Was einmal Not täte und wohl wegen der zu erwartenden Ergebnisse gar nicht erst stattfindet, wäre eine Umfrage in Europa, die sich mit der Arbeit von „Brüssel“ und der EZB beschäftigt und dabei auch die europäische Haltung zu Russland und der Ukraine, zur NATO und zum europäisch-amerikanischen Verhältnis abklopft. Denn ich wage einmal die Vermutung, dass die Mehrheit der Bevölkerung, aber auch der Wirtschaft, diese Themen mittlerweile ein wenig anders angehen würde als die EU-Kommission, das Europäische Parlament, Mario Draghi oder auch Berlin.
Nur: Bis auf Oskar Lafontaine und (Noch-) DIE LINKE-Chef Gregor Gysi wagt es in unserem Land zurzeit niemand, der eindeutig gegen europäische Interessen gerichteten, aggressiven Politik von USA und NATO in die Parade zu fahren. Wenn es keinen dritten Weltkrieg auf europäischem Boden geben soll, dann müssen die Entscheidungsträger aber endlich einmal die Klappe aufmachen.
Es kann nicht sein, dass die USA schweres Kriegsgerät und Truppen rund um Russland zusammenziehen und sich die sgn. westliche Allianz dann künstlich darüber aufregt, das Moskau Gegenmaßnahmen ergreift und einen durchgeknallten ukrainischen Präsidenten kritiklos gegen Minsk II zündeln lässt und ihm dafür auch noch Geld und Waffen dafür zur Verfügung stellt.
Und der ganz besondere Witz: Nicht etwa die, die mit auf einem Auge blinden Argumenten und einer gleichgeschaltet wirkenden Presse zwei Millionen Jobs in der EU bedrohen, europaweit mittelfristig 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung gefährden und die militärische Einkreisung Russlands betreiben, stehen heute in der öffentlichen Kritik. Nein, als Putin-Versteher und Nestbeschmutzer werden diejenigen diffarmiert, die für mehr Objektivität, Dialog, Wirtschaftsbeziehungen und ein friedvolles Europa eintreten.
Griechenland will die soeben noch einmal verlängerten Sanktionen gegen Russland nicht. Italien will sie nicht, die Niederlande und Spanien ebenfalls nicht. Und deutsche Wirtschaftsverbände auch nicht. Aber alle stimmen dafür, damit Europa „mit einer Stimme spricht“. Womit zu prüfen wäre, wer abgesehen von den USA diese Sanktionen denn überhaupt wirklich will und ob man sich hier nicht einem vermeintlichen Gruppenzwang beugt (was man nie tun sollte), den es tatsächlich überhaupt nicht mehr gibt. Denn Europa kann nicht allen Ernstes wollen, seine Wirtschaft zu strangulieren, nur damit die Vereinigten Staaten diese Lücke füllen.
Die zwangsläufigen Folgen einer gegenseitigen Sanktionsspirale hatte ich hier erstmals skizziert, nachdem der Westen sie nach dem Abschuss von MH17 verhängt hatte. Gerade der Westen und die Ukraine aber unterdrücken dir wichtigsten Beweise zum Tathergang. Ist das nur schizophren oder schon was Schlimmeres? Hätte Europa auch nur einen einzigen Politiker mit Rückgrat, der den Mumm besäße, diesen verhängnisvollen Circulus vitiosus zu durchbrechen und den von anderer Stelle auf Krieg eingenordeten Kompass zu zertreten, wäre der ganze Spuk von jetzt auf gleich vorbei.