Ökonomen loben den deutschen Haushaltsüberschuss. Doch dieser Überschuss hat eine dunkle Seite, die kaum beleuchtet wird: Sie wird mit den Schulden anderer erkauft. Dass Deutschland im internationalen Schuldensumpf den Sparmeister spielt, hat schon fast sadistische Züge. - Die Sparpolitik Schäubles führt geldsystematisch in die Katastrophe.
Von Raimund Brichta
In den Medien wird die Meldung gefeiert, dass der deutsche Staat im vergangenen Jahr einen Rekordüberschuss erzielt hat.
Was die meisten in diesem Zusammenhang nicht wissen, ist dies:
Ein staatlicher Überschuss ist auf Dauer nicht haltbar. Er würde sogar zum Zusammenbruch des Systems führen. Letzteres allerdings nur theoretisch, weil es praktisch zu dauerhaften Überschüssen bei uns gar nicht erst kommen wird.
Warum ist das so? Ganz einfach:
Unser Geldsystem funktioniert nur, wenn die Gesamtschulden stetig wachsen. Wenn aber die Staatsschulden nicht wachsen, müssten dafür die Schulden der privaten und/oder des Auslands umso stärker zulegen.
Dazu passt die ebenfalls aktuelle Meldung, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss im vergangenen Jahr ebenfalls auf Rekordhöhe gestiegen ist.
Zur Einordnung: Dies heißt nichts anderes, als dass sich das Ausland um diesen Betrag (also um den Leistungsbilanzüberschuss) in Deutschland zusätzlich verschuldet hat.
Die Schulden müssen also zulegen, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Und wenn das Ausland nicht mehr kann und die privaten auch nicht, muss früher oder später wieder der Staat als Neu-Schuldner einspringen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Und es wird auch passieren, wetten?
Sie glauben und verstehen das nicht? Das kann ich gut nachvollziehen, weil es auf Anhieb tatsächlich nicht so einfach zu durchschauen ist.
Aber im Buch “Die Wahrheit über Geld” erkläre ich es leicht verständlich.
Darin steht unter anderem auch, warum die Zinsen auf lange Zeit so niedrig bleiben müssen und warum das Bargeld in den nächsten Jahren immer mehr zurückgedrängt wird.
Wolfgang Schäuble bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: "Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen."
Anmerkung von Michael Mross:
Unser Geldsystem lebt von einer ständig steigenden Schuldenmenge. Wenn das nicht passiert, kollabiert das System. Schäuble hätte 2015 einen 100 Mrd. Scheck ziehen können gemäß der 3%-Neuverschuldungsrichtlinie nach Maastricht. An diese Richtlinie hält sich sowieso niemand mehr. Ausgerechnet Schäuble will aber die schwarze Null.
In einer Moral-Hazard-Welt, die im Schuldensumpf versinkt, ist es absolut unnachvollziehbar, dass ausgerechnet unser Finanzminister keine Schulden macht. Deutsche Schulden sind besser eingesetzt als alle anderen. Sie könnten deutsche Bürger entlasten, zu Steuersenkungen führen, viele Abgaben könnten gestrichen werden. Wir könnten auf eine Autobahnmaut verzichten oder die Studiengebühren streichen. Wir könnten Straßen sanieren und Schwimmbäder billiger machen. All das aber passiert nicht.
Insofern muss man Schäubles Finanzpolitik als Sadismus gegenüber den eigenen Bürgern qualifizieren. Stattdessen werden Steuern erhöht und Südstaaten (Griechenland) noch mit finanziert - ohne Aussichten, das Geld je zurück zu bekommen. Allein Griechenland steht mittlerweile bei Deutschland mit über 100 Mrd. in der Kreide (nach drei Rettungspaketen) - Geld das verloren ist.
Deutsche Schulden rentieren teils gar mit Minuszinsen. Für 10-jährige sind nur noch 0,3% Zinsen zu zahlen. Die niedrigen Zinsen wirken sich auf die Bürger wie eine zweite Steuer aus, weil sie für ihre Ersparnisse nichts mehr kriegen. Allein schon deshalb hätte der Finanzminister die Pflicht, für Entlastungen zu sorgen.
All das passiert nicht. Insofern ist die zweifelhafte Sparpolitik Schäubles fast als finanzpolitisches Verbrechen einzuordnen. Denn selbst wenn sich Deutschland zu Tode spart, würde dies nichts an den Problemen des Euros und des globalen Geldsystems ändern.
Fazit: die schwarze Null schadet allen, besonders den Deutschen!