Kommentar von Dr. Bernd Heim
Lieber Investor,
was auffällt und durchaus wert ist hinterfragt zu werden, ist, dass die Abweichungen zunehmend eine politische Komponente enthalten, die weder mit der Geld- noch mit der Zinspolitik etwas zu tun hat und die auch nicht durch das Mandat der EZB gedeckt ist.
Warum hat die EZB gerade jetzt einen besonders hohen Bedarf an italienischen Staatsanleihen? Liegt es vielleicht daran, dass das Land politisch instabil ist und die in Schwierigkeiten geraten italienischen Banken im großen Stil Staatsanleihen auf den Markt werfen, um liquide zu bleiben? Warum hatte die EZB im April und Mai vor den Präsidentenwahlen in Frankreich einen „Bedarf“ an französischen Anleihen, der höher als normal war und ebenfalls nicht dem normalen Verteilungsschlüssel entsprach?
Als wirklich neutral kann man das Vorgehender EZB nicht mehr bezeichnen
Sollte im einen wie im anderen Fall verhindert werden, dass der Renditeaufschlag im Verhältnis zu deutschen Staatsanleihen zu hoch wurde? Wenn dies tatsächlich die Intention der EZB war, liegt faktisch eine indirekte Staatsfinanzierung vor. Dabei sorgt die Notenbank nicht unbedingt durch direkte Ankäufe wohl aber durch eine künstliche Senkung der Zinsen dafür, dass die angeschlagenen Schuldnerländer sich am Markt auch weiterhin preiswert refinanzieren können.
Es ist zumindest überraschend wie taktisch geschickt die Europäische Zentralbank ihr Kaufprogramm einzusetzen weiß. Als wirklich neutral kann man dieses Vorgehen nicht mehr bezeichnen und an dieser Stelle wächst eine Gefahr heran, die sich die EZB eigentlich nicht leisten kann. Bislang hatten die Währungshüter stets versichert, dass es sich beim Kaufprogramm um reine Geldpolitik handelt.
Nun aber wird deutlich, dass es um mehr geht und das Programm durchaus eine politische Komponente enthält, die vielen zunächst nicht bewusst war. Sie untergräbt langfristig das Vertrauen in die Integrität der Notenbank und das kann niemals zum Wohl der Eurozone sein.
Ein Beitrag von Dr. Bernd Heim.