Den deutschen Zeitungsverlagen brechen die Einnahmen weg, und der Schuldige heißt Google. Der Konzern platziert bei vielen Suchanfragen ganz oben eine kurze Zusammenfassung mit künstlicher Intelligenz. Das ist der wahre Grund für die Aufregung.
Von Meinrad Müller
Kaum jemand wischt dann noch nach weiter unten
Kaum jemand wischt dann noch nach weiter unten, wenn die Antwort bereits oben steht. In wenigen Wochen sind so mehr als fünfzig Prozent der Online-Besucher auf den Zeitungswebseiten eingebrochen. Damit versiegen die wichtigsten digitalen Erlöse der Zeitungen.
Der Staat soll die Verlage jetzt retten
Unter Führung des Bundesverbands der deutschen Zeitungsverleger fordern sie von Staat und EU: Googles KI-Zusammenfassungen sollen unterbunden werden. Google solle in die Schranken gewiesen werden. Zur Begründung heißt es: Die „Medienvielfalt“ sei bedroht und „die Demokratie in Gefahr“. In Wahrheit meinen sie: Unser Geschäftsmodell bricht zusammen. Rettet uns.
Vom Leitmedium zur Einheitsmeinung
Schon vor Google begann der Niedergang. Seit 2015 verlieren die großen Zeitungen massiv an Abonnenten. Bild minus 45 Prozent, Süddeutsche minus 26 Prozent, FAZ minus 38 Prozent. Diese Blätter galten einst als Stimme der Nation. Heute sind sie Fallobst, weil die Inhalte austauschbar wurden. Wer eine Zeitung liest, kennt alle. Migration wird bejubelt, Steuererhöhungen begrüßt, Regierungspolitik verteidigt. Kritik ist selten und vorsichtig. Die einst „vierte Macht im Staat“ kontrolliert nicht mehr.
Die Hand, die füttert
Warum wagen die Zeitungen keine klare Opposition mehr? Weil sie finanziell abhängig geworden sind. Über Zustellförderung, Digitalprogramme und „Innovationsprojekte“ fließen jedes Jahr Millionen aus öffentlichen Kassen in die Verlage. Offiziell zur Stärkung der Pressefreiheit. In Wahrheit zur Bindung. Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht. Also beißt man nicht. Man schreibt gefällig und singt das Lied, das in Berlin komponiert wurde. So wurde aus dem Wachhund der Demokratie ein Bettvorleger im Vorzimmer der Regierung. Demokratie lebt vom Widerspruch, doch die Zeitungen liefern Einfalt.
Der Hütehund frisst jetzt selbst
Als die gedruckten Auflagen fielen, setzten die Verlage alles auf das Internet. Eigene Webseiten sollten die Zukunft sichern. Doch die Leser kamen nicht von selbst. Sie kamen über Google. Google war der Hütehund, der die Schafe – also die Leser – zuverlässig in das geistige Gatter der Verlage trieb. Die Verlage mussten nur das Tor öffnen, und die Herde kam von allein. Dieser Zustand hielt über zwanzig Jahre.
Heute ist alles anders. Der Hütehund arbeitet nicht mehr für den Schäfer. Er frisst selbst. Google beantwortet die Fragen direkt, hält die Leser bei sich und kassiert die Werbegelder. Die Schafe erreichen das Gatter der Zeitungen nicht mehr. Der Schäfer steht am Zaun und wartet vergeblich. Aus dem Helfer wurde der Gegner. Damit bricht das letzte stabile Standbein der Presse weg.
Verlogen bis ins Mark
Statt zu fragen, warum sie ihr Publikum verloren haben, spielen die Verlage die moralische Karte. Sie sagen nicht: „Unsere Einnahmen sind in Gefahr.“ Sie behaupten: „Die Demokratie ist in Gefahr.“ Das ist kein Argument, das ist eine längst abgedroschene Totschlagkeule. Sie soll jede Kritik ersticken. Dabei haben gerade diese Zeitungen seit der Grenzöffnung und Corona kaum noch echte Meinungsvielfalt zugelassen. Abweichende Stimmen wurden ignoriert, lächerlich gemacht oder bekämpft. Die Leser wurden nicht informiert, sondern erzogen. Man behandelte sie, als seien sie einfältig.
Doch die Leser sind nicht einfältig. Sie sind gegangen. Sie suchen sich andere Quellen. Sie wollen wieder Stimmen hören, die sich trauen, Fragen zu stellen.
Nicht die Demokratie ist bedroht – sondern ihr Monopol
Die Presse hat ihre Unabhängigkeit zuerst an Google verkauft und dann an den Staat. Sie hat Vielfalt aufgegeben und Einfalt produziert. Sie hat die Kontrolle über die Mächtigen aufgegeben und sich an ihre Seite gestellt. Jetzt fällt das gesamte System in sich zusammen. Nicht, weil Demokratie schwach ist, sondern weil die Presse ihre Aufgabe verraten hat.
Die Verlage rufen nach dem Staat, weil die Leser davonlaufen. Sie tarnen wirtschaftliche Angst als demokratischen Notruf. Doch Demokratie braucht keine bewachten Meinungstore. Demokratie braucht freie Bürger, starke Argumente und echte Vielfalt. Wer das nicht liefert, verliert zu Recht seine Macht.
Die Zeitungen fallen vom Baum wie faules Fallobst, weil immer weniger das Vorgekaute mehr lesen wollen.



