Erster Tag im T-Mammutprozess, in dem es um die Ersparnisse von tausenden Anlegern ging, die vor acht Jahren 63,50 EUR für ein Telekom-Papier bezahlten und sich seitdem hintergangen fühlen. Was kam heraus? Nichts. Noch nichts. Vielleicht steht das Ergebnis erst im Jahr 2030 fest. Wer soll das wissen? Doch damals wollte jeder das schnelle Geld machen. Der Bund, der Anleger, das Unternehmen und auch die Banken. Einige wollten zehn Prozent an einem Tag, andere verwechselten die T-Aktie mit einem Sparbuch oder einer festverzinslichen Anlage. Wenn ich Manfred Krug richtig in Erinnerung habe, der ja angeblich nicht mal selbst ein Telefon besessen haben soll, hätte man glauben können, dass das auch funktionieren könnte. Er bekam dafür viel Geld. Manne Krug hat sich Ende 2006 dafür entschuldigt. Das wollen wir festhalten. Die Telekom hätte auch meine Oma als Werbefigur nehmen können, bloß spielte sie nicht im Tatort mit, nicht mal als Opfer.
Es war die Zeit mit einem Zuviel an TV-Werbung, an Hochglanzbroschüren, an Träumen, Hoffnungen und an Wünschen, die den Zeitgeist damals prägten. Anleger der ersten und zweiten Tranche hatten ja so dicke Gewinne eingefahren, was sollte bei der dritten Tranche noch schiefgehen? Die Träume stiegen in den Himmel. Die einen wollten nie wieder arbeiten, die anderen nie mehr Sorgen um ihren Altersruhestand haben, weitere den schnellen Zock. Jeder schwelgte in seinen eigenen Befindlichkeiten. Die kollektive Selbsttäuschung erlebte einen Höhepunkt. Die inzwischen verschwundenen Gurus der „New Economy“ sabberten etwas von einer neuen Ära. Selbst der damalige US-Notenbankchef Alan Greenspan hatte wilde und im Nachhinein dumme Argumente parat. Reich zu werden, indem man Geld schiebt, gehörte in diese Kategorie. Träume verkauften sich reihenweise am Fließband. Mit Mobilcom und dem anderen inzwischen gescheiterten Kram funktionierte das ja schließlich auch. Leute mit dem warnenden Finger belächelte man. Selbst diejenigen, die von einen Stop Loss redeten, also von der Reissleine, die unvorsichtige Anleger vor dem Schlimmsten bewahren, standen gedemütigt in der Ecke. Viele waren es nicht. Steigen sollte, was steigen musste.
Und dann betrat Mister Market die Bühne. Er rief „Alles Schwachsinn!“ schickte die graue Anlegermasse auf den Hosenboden und lieferte prompt dafür den Beweis. Die Kurse rutschten, oft ins Bodenlose. Und was machen Menschen, die Fehleinschätzungen getroffen haben oder sich hinters Licht geführt fühlen? Sie klagen! Die einen laut, die anderen leise, mit großen und weniger großen Verlusten, mit mehr oder weniger bekannten Staranwälten. Selten habe ich einen gesehen, der zugab, andere betrogen zu haben, selten einen, der eigene Fehler eingeräumt hat und auch bereit war, die Folgen dafür zu tragen. Dabei ist das Regel Nummer eins an der Börse. Und so beschäftigt man über 900 Kanzleien mit dem T-Prozess, der bis zum Sankt Nimmerleinstag laufen könnte. Nette Arbeitsbeschaffungsmaßnahme!
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