Chinesen kaufen MediaMarkt / Saturn: Der Milliarden-Deal, der Europa verschlingen könnte. – Wer steckt dahinter? Was ist die tückische Strategie? Wo lauert die Gefahr?
Von Adrian Berinzky
In einer Zeit, in der der Westen sich mit Handelskriegen und wirtschaftlicher Abhängigkeit von China auseinandersetzt, fällt ein weiterer deutscher Wirtschaftsriese in fremde Hände: MediaMarkt und Saturn, die ikonischen Ketten für Elektronik und Unterhaltung, die seit Jahrzehnten das Einkaufserlebnis vieler Europäer prägen.
Das Bundeskartellamt hat gestern grünes Licht für die Übernahme der Muttergesellschaft Ceconomy durch den chinesischen E-Commerce-Giganten JD.com gegeben. Der Deal im Wert von rund 4 Milliarden Euro markiert nicht nur das Ende einer Ära für den deutschen Einzelhandel, sondern wirft alarmierende Fragen auf: Wer genau steckt hinter diesem Manöver? Und welche langfristige Strategie verfolgt Peking durch solche Akquisitionen? Dies ist kein harmloser Kapitaltransfer – es ist ein strategischer Schachzug, der die europäische Wirtschaft untergraben und Datenströme nach Osten lenken könnte.
MediaMarkt und Saturn sind keine x-beliebigen Läden. Saturn startete 1961 in Köln als Spezialist für Unterhaltungselektronik, MediaMarkt folgte 1979 in München mit seinem aggressiven "Ich bin doch nicht blöd"-Slogan. Nach der Fusion 1990 wuchsen sie zu Europas größtem Elektronikhändler heran: Über 1.000 Filialen in 11 Ländern, 50.000 Mitarbeiter und ein Jahresumsatz von 22,4 Milliarden Euro – davon 5,1 Milliarden aus dem Online-Geschäft. Ceconomy, die Holding seit 2017 (als Ausgründerin der Metro AG), kämpfte jedoch jahrelang mit sinkenden Gewinnen, Filialschließungen und dem Druck des Online-Handels.
JD.com, der Übernehmer, hat im Juli 2025 ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot abgegeben: 4,60 Euro pro Aktie, ein Aufschlag von 43 Prozent zum Börsenkurs. Die großen Aktionäre – darunter die Gründerfamilie Kellerhals mit 25,4 Prozent (über Convergenta), Haniel, Beisheim und Freenet – haben zugestimmt und verkaufen ihre Anteile.
Nach Abschluss im ersten Halbjahr 2026 wird Ceconomy delistet, also nicht mehr börsennotiert. JD.com-Tochter Jingdong Holding Germany GmbH übernimmt die Mehrheit, verspricht aber vorerst Stabilität: Keine betriebsbedingten Kündigungen oder Schließungen für drei Jahre, Tarifverträge und Mitbestimmung bleiben erhalten. Die Marken MediaMarkt, Saturn und MediaWorld sollen mindestens fünf Jahre bestehen.
Klingt beruhigend? Weit gefehlt. Das Kartellamt, vertreten durch Präsident Andreas Mundt, billigte den Deal, weil JD.com in Deutschland "nur minimal präsent" sei – etwa über den Online-Shop Joybuy. Wettbewerbsbedenken? Fehlanzeige. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Das Bundeswirtschaftsministerium könnte den Deal noch aus sicherheitspolitischen Gründen stoppen, etwa wegen Datenschutz oder Abhängigkeiten von chinesischer Technologie. Bislang? Schweigen.
JD.com ist kein unabhängiger Player – es ist ein Riese mit staatlichen Fäden. Gegründet 1998 von Liu Qiangdong, ist der Konzern mit 159 Milliarden US-Dollar Umsatz (2024) Chinas zweitgrößter E-Commerce-Anbieter nach Alibaba. Er dominiert den Online-Handel mit Fokus auf Logistik: Superschnelle Lieferungen, eigene Lager und eine Supply-Chain, die global vernetzt ist.
JD.com ist seit 2010 an der Nasdaq notiert, hat aber enge Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Wie viele Tech-Firmen muss es Daten an die Regierung weitergeben, und seine Expansion passt perfekt in Pekings "Belt and Road"-Initiative – den modernen Seidenstraßen-Plan, der nicht nur Infrastruktur, sondern auch Absatzmärkte erobert.
Hinter JD.com steht also nicht nur ein Unternehmer, sondern ein System: Die KPCh fördert Auslandsinvestitionen, um Einfluss zu gewinnen. Frühere Deals wie die Übernahme von Kuka (Robotertechnik) durch Midea oder des Hafens in Hamburg zeigen das Muster: Zuerst kommt das Geld, dann die Kontrolle. Reddit-Nutzer wettern bereits: "Der nächste Schritt: Unsere User-Daten wandern nach China." JD.coms Interesse an Currys (UK) scheiterte 2024 – nun klappt's bei Ceconomy. Zufall? Oder gezielte Expansion in den Elektronikmarkt, wo China 80 Prozent der globalen Produktion kontrolliert?
Offiziell will JD.com "den europäischen Handel stärken", wie Ceconomy-Chef Deissner es nennt. Die Synergien klingen verlockend: JD bringt Logistik-Expertise (drones, KI-gestützte Lieferketten), Ceconomy das Filialnetz und den Markennamen. Das Online-Geschäft von MediaMarkt/Saturn soll aufgerüstet werden – schärfere Preise, mehr chinesische Produkte, schnellere Lieferung. Kunden könnten günstiger einkaufen, Filialen als Abholpunkte dienen.
Aber schauen wir genauer hin: Die wahre Strategie ist die Überflutung des Marktes mit Billigware aus China. Bereits jetzt sind die Regale voller No-Name-Produkten von Alibaba & Co. Nach der Übernahme? Erwarten Sie eine Flut von JD-exklusiven Geräten – Smartphones, Laptops, Haushaltsroboter – die Datensammler sind. JD.coms App und Shops tracken alles: Kaufverhalten, Standorte, Vorlieben. Diese Daten fließen nicht nur an Werbetreibende, sondern potenziell an Pekings Sicherheitsapparat. In Zeiten von 5G, IoT und KI ist das ein Albtraum für Datenschutz. Die DSGVO? Schwach gegen chinesische Server.
Kritisch betrachtet: Das ist keine faire Globalisierung, sondern wirtschaftlicher Imperialismus. Ceconomy war pleitegefährdet – JD.com nutzt die Schwäche aus, um Europa als Brückenkopf zu erobern. Langfristig könnten Marken wie Saturn verschwinden (Brancheninsider prophezeien eine Fusion zu "MediaMarkt"), Filialen schrumpfen, Jobs nach Asien wandern. Und die EU? Statt Schutzmaßnahmen (wie bei TikTok) schaut sie tatenlos zu, während China Hafen, Autoindustrie und nun den Einzelhandel frisst.
Für Verbraucher: Günstiger Einstieg, aber teurer Ausstieg. Billigware bricht schnell, Reparaturen? Vergessen Sie's – alles Made in China, mit geplanter Obsoleszenz. Mitarbeiter: Drei Jahre Garantie klingt gut, doch was dann? Gewerkschaften fordern Mitbestimmung jenseits der Frist, aber gegen ein chinesisches Imperium? Vergeblich.
Größeres Problem: Strategische Abhängigkeit. Elektronik ist dual-use – von Smart-Home bis Militärtech. Wenn JD.com (und damit Peking) den europäischen Vertrieb kontrolliert, diktiert China Preise und Verfügbarkeit. In einer Krise? Sanktionen gegen Huawei zeigten: China schlägt zurück. Und die Daten? Milliarden von EU-Bürgern landen in Pekings Claw – für Überwachung, Spionage oder gezielte Propaganda.
Die Übernahme von MediaMarkt und Saturn ist symptomatisch für Europas Naivität. JD.coms Strategie – Expansion via Billigkäufe, gefolgt von Digitaldominanz – bedroht Souveränität. Die Politik muss handeln: Strengere Prüfungen durch das Wirtschaftsministerium, EU-weite Regeln gegen chinesische Tech-Übernahmen und Förderung heimischer Alternativen. Sonst verkaufen wir nicht nur Läden, sondern unsere Zukunft.



