Die Warnzeichen sind kaum noch zu übersehen. In den USA geraten erste Regionalbanken ins Wanken – und wer 2008 erlebt hat, weiß: Damals begann alles genauso. Erst die kleinen Banken, dann die großen und dann kracht es im Finanzsystem.
Von Meinrad Müller
2008 fielen kleine US-Institute, dann setzte eine Dominostein-Kettenreaktion ein
2008 fielen kleine US-Institute, dann setzte eine Dominostein-Kettenreaktion ein, die bis nach Europa schwappte. Am Ende mussten deutsche Banken wie Hypo Real Estate, IKB oder Commerzbank mit Steuermilliarden gerettet werden. Heute wiederholt sich das Muster – nur mit neuen Auslösern.
Autosektor als Brandbeschleuniger
First Brands, ein großer Autozulieferer mit über 10 Milliarden Dollar Schulden, ist insolvent. Solche Industriekolosse finanzieren sich über Kredite bei Banken. Wenn sie ihre Kredite nicht mehr bedienen, entstehen in den Bankbilanzen faustgroße Löcher. Kurz darauf kollabierte Tricolor, ein Anbieter von Autokrediten. Man vergab Kredite an Menschen, von denen man weiß, dass sie sie kaum zurückzahlen können. Genau dieses Modell löste 2008 die Immobilienblase aus – damals mit Häusern, heute mit Autos. Banken wie JPMorgan, Fifth Third oder Barclays müssen bereits hohe Abschreibungen vornehmen und verlieren Eigenkapital.
Betrug und Bankenversagen
Zions Bank verlor 50 Millionen Dollar, weil Kreditnehmer im Antrag falsche Angaben zu deren Einkommen machten. Western Alliance, ebenfalls eine US-Bank, entdeckte gefälschte Immobilien-Sicherheiten. Solche Dokumente hätten nie akzeptiert werden dürfen. Hier geht es nicht nur um Betrug – es zeigt auch Versagen der Banken. Wer Sicherheiten nicht gründlich prüft, hat aus 2008 nichts gelernt.
Wie aus faulen Krediten „Anlagen“ werden
Kreditaufkäufer kaufen Banken im großen Stil ihre schlechten Kredite oft für 10 oder 20 Prozent des Nennwerts ab. Diese faulen Kredite werden anschließend in Fonds gebündelt, bekommen harmlose Namen und als „Anlagechance“ weiterverkauft. Genauso wurden 2008 in Deutschland Millionen von Bürgern hereingelegt. Sparkassen, Volksbanken und sogar Lebensversicherungen verkauften solche Produkte an Hausfrauen, Rentner und Mittelständler. Millionen Anleger verloren Milliarden.
Die Finanzarchitektur dahinter
Ermöglicht wurde dieses System durch internationale Regeln wie Basel II, die es Banken erlaubten, Risiken aus ihren Bilanzen auszulagern. Vorangetrieben wurden diese „Finanzinnovationen“ vom Internationalen Währungsfonds. Dessen damaliger Chef, Horst Köhler, war einer der lautesten Befürworter von Kreditverbriefungen und globaler Kapitalfreizügigkeit. Diese Strukturen legten den Grundstein für die Finanzkrise 2008. Später wurde er Bundespräsident.
Wenn die Kreditnehmer fallen, reißen sie die Banken mit
Während die Banken noch starke Quartalszahlen melden, stehen die Verbraucher am Limit. Kreditkarten voll, Autokredite platzen, Dispos überzogen – viele wurschteln sich nur noch durch. Wenn der Kunde nicht mehr zahlt, fällt der Kredit aus. Wenn genug Kredite ausfallen, fällt die Bank. Und wenn mehrere kleine Banken baden gehen, beginnt erneut die Kettenreaktion.
2008 hieß es auch: „Nur Einzelfälle.“
Noch ist es kein Crash. Aber es fühlt sich an wie das Vorbeben vor dem großen Erdbeben. Wenige Monate später stand 2008 das Weltfinanzsystem am Rand des Zusammenbruchs. Die Frage ist nicht ob etwas kippt, sondern: Welcher Dominostein fällt zuerst?
Dann trifft es auch Europa.



