Das Gutachten zur Hochstufung der AfD wurde zunächst geheim gehalten, jedoch auch an die Presse durchgestochen. Die angeblichen Beweise des Verfassungsschutz sind eher spärlich. Die inkriminierten Äußerungen beziehen sich überwiegend auf Fakten.
Zusammenfassung des Gutachtens:
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) stuft die Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistisch“ ein, was die Partei gerichtlich anficht. Die Einstufung ist bis zur Gerichtsentscheidung ausgesetzt. BILD konnte das 1108-seitige, geheime Gutachten des BfV einsehen und veröffentlicht eine gekürzte Übersicht ohne eigene Bewertung. Die wichtigsten Vorwürfe und Belege:
Explizite Gegenüberstellung von „Deutschen“ und „Passteutschen“
Die AfD vertritt einen ethnisch-abstammungsbasierten Volksbegriff, der Migranten von der vollwertigen Zugehörigkeit zum deutschen Volk ausschließt. Beispiele sind Aussagen von Thomas Seitz, der „Passdeutsche“ abwertet, und Carolin Bachmann, die im COMPACT-Magazin die Abnahme der „Deutschen“ beklagt. Der Verfassungsschutz sieht darin eine Verletzung des Grundgesetzes.
AfD unterstellt, dass Herkunft und Kriminalität zusammenhängen
Die AfD behauptet, Migranten seien aufgrund ihrer Herkunft krimineller. Belege sind Posts von Christina Baum, die Migranten mit schweren Verbrechen verknüpft, und René Springer, der „Remigration“ als Lösung fordert. Solche Aussagen implizieren eine pauschale Kriminalisierung.
Herabsetzen von Migranten mit dem Wort „Messer“
Die AfD verwendet abwertende Begriffe wie „Messermigration“, um Migranten herabzusetzen. Beispiele sind ein AfD-Facebook-Post, der die CDU für „Messermigration“ verantwortlich macht, und René Springer, der „Remigration“ statt Messer-Verboten fordert. Der Verfassungsschutz stuft dies als menschenwürdeverletzend ein.
Angebliche Neigung zu Sexualdelikten
Die AfD suggeriert, männliche Migranten hätten eine Neigung zu Sexualdelikten, besonders aus arabischen und afrikanischen Ländern. Belege sind Tweets von Christine Anderson, die Gesetzesänderungen in Spanien als wirkungslos gegen Migranten bezeichnet, und Ulrich Oehme, der „Invasoren“ für solche Verbrechen verantwortlich macht.
Migranten in ihrer Gesamtheit verunglimpft und erheblich abgewertet
Die AfD unterstellt Migranten böse Absichten, wie Sozialmissbrauch oder eine „Übernahme Deutschlands“. Björn Höcke spricht von „Sozialtouristen“, Maximilian Krah von „Ausplünderung“ der Deutschen. Der Verfassungsschutz sieht darin eine pauschale Abwertung, die über legitime Kritik hinausgeht.
Muslim- und islamfeindliche Aussagen und Positionen
Die AfD stuft Muslime als kriminell und nicht integrierbar ein. Alice Weidel spricht von „Dschihad“ auf deutschen Straßen, Jörg Urban von fehlender Integrationsbereitschaft des Islam. Lena Kotré warnt vor „schleichender Islamisierung“. Der Verfassungsschutz sieht eine Verletzung der Menschenwürde durch pauschale Kriminalisierung.
Antisemitische Aussagen und Positionen
Die AfD nutzt antisemitische Codes wie „Globalisten“ oder Anspielungen auf George Soros als „Strippenzieher“. Der Verfassungsschutz stuft dies als unterschwellig antisemitisch ein, ohne direkten Hass gegen Juden zu propagieren.
Gegen das Demokratieprinzip gerichtet
Die AfD untergräbt das Demokratieprinzip durch Verächtlichmachung des Parlamentarismus und Behauptungen mangelnder Souveränität. Tino Chrupalla spricht von „Manipulation von außen“, andere vergleichen die Bundesrepublik mit der DDR oder dem NS-Regime, was laut Verfassungsschutz rechtsextreme Narrative bedient.
Vertrauen in die staatliche Nachkriegsordnung von Grund erschüttern
Die AfD behauptet, die Bundesrepublik sei nicht souverän, um Vertrauen in die Nachkriegsordnung zu untergraben. Solche Aussagen zielen auf eine Delegitimierung des Staates.
Inabreden der Pressefreiheit
Die AfD unterstellt, Medien würden von der Regierung oder externen Mächten gesteuert, was das Demokratieprinzip untergräbt.
Die Rede von „Systemparteien“
Begriffe wie „Systemparteien“ oder „Kartellparteien“ setzen die Bundesrepublik mit der DDR gleich, um sie als undemokratisch darzustellen.
Verharmlosung der NS-Diktatur
Vergleiche der Bundesrepublik mit dem NS-Regime verharmlosen laut Verfassungsschutz die Gräueltaten des Nationalsozialismus.
DDR-Vergleiche, um Vertrauen in die Demokratie zu unterwandern
Vergleiche mit der DDR sollen die Demokratie als untauglich darstellen und das Vertrauen in sie untergraben.
Diktatur-Vergleiche im Zuge der Corona-Pandemie
Während der Pandemie bezeichnete die AfD die Regierung als „Diktatur“, um das politische System zu diffamieren.
Allgemeine Diffamierung des Staates
Die AfD spricht anderen Parteien Integrität ab, um das politische System insgesamt zu untergraben.
Strukturierte Verbindungen mit dem rechtsextremistischen Spektrum
Die AfD pflegt enge Kontakte zu rechtsextremen Gruppen wie COMPACT, „Ein Prozent“, dem Institut für Staatspolitik, der Identitären Bewegung und Medien wie „ZUERST!“ oder PI-NEWS. Finanzielle Verbindungen, wie Zahlungen an die Archetyp GmbH, und Interviews mit diesen Akteuren belegen die Vernetzung.
Einfluss der aufgelösten, rechtsextremen „Jungen Alternative“
Trotz Auflösung der „Jungen Alternative“ (JA) wirken ihre Mitglieder in der AfD weiter und vertreten rechtsextreme Positionen. Die JA war zentral für die Verbreitung rechtsextremer Ideen und die Rekrutierung neuer Mitglieder.
Bewertung der Stellung von Björn Höcke innerhalb der Gesamtpartei
Björn Höcke, Thüringer AfD-Chef, gilt als einflussreicher Akteur, dessen rechtsextreme Positionen die Gesamtpartei prägen. Alice Weidel bezeichnete ihn als ministertauglich. Der Verfassungsschutz sieht seine Äußerungen der AfD zurechenbar.
Fazit des Verfassungsschutzes:
Die AfD zeigt eine demokratiefeindliche Grundhaltung durch fremdenfeindliche, menschenwürdeverletzende und antidemokratische Positionen sowie Verbindungen zum rechtsextremen Spektrum. Dies ist kein Einzelphänomen, sondern ein systematisches Muster auf allen Parteiebenen.