Wenn Viktor Orbán seine jährliche Rede bei der Sommeruniversität in Bálványos stattdessen an einer deutschen Universität gehalten hätte, zum Beispiel in Berlin oder München, hätten Linksextremisten ihn niedergebrüllt.
Von Meinrad Müller
Ganz anders in Ungarn, oder präziser: im ungarischen Kosmos, der tief in das rumänische Siebenbürgen hineinreicht. Denn dort liegt Bálványos, ein traditioneller Kurort mit heißen Quellen, umgeben von Tannen, Bergen und einer Idee von Freiheit. Was die heißen Quellen für müde Knochen sind, ist Orbáns jährliche Rede für brennende Geister. Sie gibt Zunder, denen, deren Feuer noch lodern möchte. So wie Obelix, der nie zögerte, den Römern zu zeigen, was er von ihnen hält.
Woodstock für Leute mit Rückgrat
Seit 1990 findet in Bálványos die Sommeruniversität statt. Sie wurde gegründet, um die kulturelle Identität der ungarischen Minderheit in Rumänien zu stärken. Was einst studentisch begann, ist heute ein geopolitischer Treffpunkt mit 4000 bis 6000 Teilnehmern jährlich. Keine Parteiveranstaltung, keine Talkshow, keine Filter. Was Woodstock für die Blumenkinder war, ist Bálványos für Menschen mit Rückgrat. Hier wird noch Klartext gesprochen. Und zugehört.
Die Keule des Obelix
Orbán redet nicht um den heißen Brei. Er schlägt zu. Mit Worten. Und wo sie treffen, treffen sie die Richtigen. Der Westen ist nicht mehr Vorbild, sondern Warnung.
Migration? Orbán sprach von einer kulturellen Spaltung Europas. Westlich der Elbe ein postwestlicher Raum, in dem nationale Identität längst aufgegeben wurde. Östlich davon, in Ungarn, Polen, Rumänien, ein Rest von dem, was Europa einst war: Heimat, Familie, Grenze, Glaube.
Gender-Agenda? Bei uns ist der Vater ein Mann. Die Mutter eine Frau. Punkt. In Ungarn werde es keine Umerziehung geben, weder im Kindergarten noch an der Universität.
Kriegspolitik? Orbán warnte vor einem dritten Weltkrieg. Der Westen rüste ideologisch und finanziell auf, während die meisten Länder außerhalb Europas längst abgesprungen seien. Seine Haltung: Ungarn bleibt neutral, sucht Kontakte zu allen Machtzentren.
Sanktionen? Orbán hält sie für wirkungslos. Der Westen schade sich selbst. Stattdessen forderte er eine europäische Friedensoffensive, in der die EU nicht Partei ergreift, sondern zwischen Russland und der Ukraine vermittelt.
Ungarns Plan: Eigenständig, nüchtern, unbeirrt.
Orbáns Gegenmodell ist einfach, aber durchdacht.
- Neutralität statt Kriegsbeteiligung
- Familie statt Umerziehung
- Grenzen statt Chaos
- Souveränität statt Fremdsteuerung
Er skizzierte fünf Säulen einer neuen ungarischen Sicherheitsstrategie:
- Erstens diplomatische Balance mit allen Machtzentren außer Brüssel.
- Zweitens militärische Selbstverteidigung ohne Abhängigkeit
- Drittens technologische Unabhängigkeit von westlichen Plattformen.
- Drittens Bildung und geistige Souveränität als Schutzschild gegen Indoktrination
- Viertens demografische Stabilität durch Förderung von Familien
Alles soll bis 2030 stehen. In Brüssel wolle man dann nicht mehr Bittsteller sein, sondern Zahler. Und mitentscheiden. Viele westliche Medien werden diese Rede ignorieren. Oder sie einordnen. Aber in Bálványos wurde ausgesprochen, was anderswo nur noch hinter vorgehaltener Hand gesagt wird. Das ist der Unterschied zwischen dem Brüsseler Imperium und dem kleinen gallischen Dorf der Magyaren.
Orbán hat keinen Zaubertrank. Aber er hat eine wortgewaltige Keule. Und sie sitzt.



