Sechs AfD-Kandidaten tot – und das alles kurz vor der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. Briefwahlunterlagen sind nun ungültig.. Die Polizei spricht von natürlichen Ursachen, doch die Häufung bleibt. Politik zeigt plötzlich ihr anderes Gesicht: ein Hochrisikoberuf.
Von Meinrad Müller
Wer kandidiert, begibt sich längst nicht mehr nur in den Schlagabtausch der Argumente. Er setzt sich realer Gefahr aus. Antifa-Trupps, die nachts das Haus mit Farbe und Parolen eindecken. Pflastersteine, die durchs Wohnzimmerfenster krachen. Einschüchterung am Arbeitsplatz, Drohungen gegen die Familie. Was früher Stammtischgepolter war, ist heute Straßenterror. Wer Plakate klebt, steht mitunter neben der Leiter, während unten die Kapuze lauert.
Die AfD in Nordrhein-Westfalen verzeichnet vor den Kommunalwahlen nun insgesamt sechs Todesfälle. Wie ein Parteisprecher dem Portal "Politico" bestätigte, seien zu den zuvor vier bekannten Fällen noch zwei weitere hinzugekommen. Dabei soll es sich um Kandidaten für die Reservelisten handeln, anders als in den anderen vier Fällen zuvor. René Herford verstarb demnach an Nierenversagen, er litt an einer Leber-Vorerkrankung. Patrick Tietze habe dagegen Suizid begangen, heißt es.
Der Alltag eines Politikers
Auch der Weg zur Arbeit wird zum Risiko. In der U-Bahn die Anrempler, die „zufälligen“ Schläge, das Handy aus der Hand geschlagen. Im Bus die Beschimpfungen, im Supermarkt das Ausspucken in den Einkaufswagen. Jeder Auftritt auf der Straße kann zum Spießrutenlauf werden. Da nützt auch keine Polizeimeldung „kein Hinweis auf Fremdverschulden“. Das Verschulden steckt längst im Klima, das man gegen AfD-Politiker systematisch aufgebaut hat.
Politiktodesfall-Tarif 1 Mio. Euro
Man stelle sich vor, eine Versicherung böte einen „Tarif Politik 2025“ an. Mit Deckung für Farbanschläge, Prämie für zertrümmerte Autoscheiben, Schmerzensgeld nach Attacken im Bus. Zusatzpaket „Haus und Hof“, falls die nächste Molotowflasche durchs Kinderzimmer fliegt. Und für unerklärliche Todesfälle. Die Versicherungskauffrau klappt den Ordner auf und fragt: „Ortsverband oder Landesliste? Das macht beim Risiko einen Unterschied.“ Politik würde endgültig zur Berufsgruppe mit Gefahrenzulage – wie Bergbau oder Chemieindustrie.
Demokratie mit Risikoaufschlag
Die sechs Todesfälle sind tragisch. Doch sie stehen in einer Reihe mit den alltäglichen Angriffen auf jene, die es wagen, politisch nicht auf Linie zu sein. Politiker in Deutschland brauchen inzwischen mehr als ein Programm und ein Wahlplakat – sie brauchen Schutz. In einer Gesellschaft, die sich selbst für tolerant hält, wird Politik zum Hochrisikosport.



