Plagiatsverdacht gegen den Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten Frank Steffel. Die Freie Universität Berlin, an der Steffel die Arbeit eingereicht hat, prüfe die Vorwürfe, sagte ein FU-Sprecher der Berliner Zeitung.
Der einflussreiche Berliner CDU-Spitzenpolitiker Frank Steffel gerät wegen seiner Doktorarbeit von 1999 möglicherweise unter Druck. In dem Werk mit 327 Seiten sollen lange Passagen von anderen Autoren stammen, ohne dass sie Steffel klar kenntlich gemacht hat. Der Plagiatsvorwurf wird von der Internetplattform Vroniplag erhoben, die Steffels Arbeit stichprobenartig untersucht hat, berichtet die Berliner Zeitung (Donnerstagsausgabe).
Steffel arbeitete zu dem Thema „Bedeutung und Entwicklung der Unternehmer in den neuen Bundesländern nach der Deutschen Einheit 1990“. Der Christdemokrat zählt als Kreisvorsitzender von Reinickendorf zu den mächtigen Männern in der Berliner CDU. 2001 trat er als Spitzenkandidat gegen den damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an und verlor. Seit 2009 sitzt Steffel im Bundestag.
Die Freie Universität Berlin, an der Steffel die Arbeit eingereicht hat, prüfe die Vorwürfe, sagte ein FU-Sprecher der Berliner Zeitung. Steffel ist darüber informiert. „Ich habe volles Vertrauen in die Gremien der FU“, sagte er der Berliner Zeitung. Und er zitiert seinen Doktorvater Dietrich W. Winterhager: „Der Doktorand hat ersichtlich keine Täuschungsabsicht gehabt.“
Der Plagiatsfachmann und Vroniplag-Gründer Martin Heidingsfelder hat dagegen herausgefunden, dass sich Frank Steffel zum Beispiel im ersten Kapitel seiner Arbeit großflächig bei anderen Autoren bedient hat. So verwendet er absatzweise Passagen aus „Die Leistungsgesellschaft“ des US-amerikanischen Psychologen David C. McClelland, ohne dies an jeder Stelle korrekt zu kennzeichnen.
Der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Markus Nöth äußert sich allgemein zu Qualitätsanforderungen an wissenschaftlichen Arbeiten: „Wer Zitate nicht korrekt kennzeichnet, gibt als Eigenleistung aus, was keine ist“, sagt er. „Das ist eine Missachtung geistigen Eigentums.“ Die Berliner Zeitung hat weitere Stellen gefunden, in denen Steffel blockweise abgeschrieben hat.
Der 52-jährige Steffel steht mit dem möglichen Ärger um seine Doktorarbeit in einer illustren Reihe. Besonders spektakulär war der Fall von Karl-Theodor zu Guttenberg. Der CSU-Politiker wechselte gerade als Chef vom Wirtschafts- zum Verteidigungsministerium, als 2010 Kritik an seiner Doktorarbeit zu einem außen- und verfassungspolitischen Thema laut wurde. Die Plattform Vroniplag lieferte Beweise, dass seine Arbeit zu Teilen abgeschrieben war und wissenschaftlichen Grundsätzen nicht genügte. Nachdem die Universität Bayreuth ihm den Doktorgrad aberkannt hatte, legte zu Guttenberg im März 2011 alle politischen Ämter nieder und spielt in der Bundespolitik seitdem keine Rolle mehr.
Plagiatsvorwürfe mussten auch die Bundesministerinnen Annette Schavan und Ursula von der Leyen (beide CDU) über sich ergehen lassen. Schavan trat als Bildungsministerin zurück, nachdem die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ihr 2013 den Doktorgrad aberkannt hatte, den sie ihr 33 Jahre zuvor verliehen hatte. Doch Schavan blieb im Politbetrieb, 2014 wurde sie Botschafterin im Vatikan.
Ursula von der Leyen hatte 2016 Ärger mit ihrer medizinischen Promotion. Obwohl in ihrer Arbeit von 1991 Plagiate nachgewiesen wurden, erkannte ihr die Medizinische Hochschule Hannover die Doktorwürden nicht ab. Es habe keine Täuschungsabsicht vorgelegen. Ursula von der Leyen – seit Angela Merkels Amtsantritt 2005 in allen Kabinetten dabei – ist bis heute Verteidigungsministerin und wichtige Kanzlerin-Verbündete.
Auch Berliner Landespolitiker wurden schon beim Schummeln erwischt. So darf sich Florian Graf seit 2012 nicht mehr Doktor nennen. Seine an der Universität Potsdam erworbenen akademischen Würden erwiesen sich als unhaltbar. Geschadet hat es ihm vordergründig nicht, Graf blieb CDU-Fraktionsvorsitzender – und ist es bis heute.