Erinnern Sie sich auch noch an die spöttischen Kommentare in vielen auch ganz großen Zeitungen, als Silber noch einstellig notierte?
Käufer von Edelmetallen wurden als bedauernswerte Volltrottel beschrieben.
Doch keine Zeile hat einer Belastungsprobe standhalten können. Seitdem hat sich der Silberpreis verdoppelt und die Edelmetalle die Frechheit, Aktienmärkten den Rang abzulaufen. Aber solange man sich über Silberbugs noch lustig macht, scheint die Welt noch Ordnung zu sein. Mulmig wäre mir erst dann, wenn die Medien Gold und Silber als definitive Anlage entdecken. Bis dahin dauert es wahrscheinlich noch etwas. Für Investoren waren Massenmedien noch nie sonderlich gute Ratgeber.
Während Radio und TV das Thema Edelmetalle meist ignorieren, kann man das Meiste in gedruckter Form zum Thema Silber getrost in die Tonne werfen, für neue, vielleicht bessere Artikel. Etliche der Redakteure haben von Silber so viel Ahnung wie junge Hunde vom Stricken. Selbst beim Abschreiben machen sie grobe Fehler. Für ihre Artikel einstehen müssen sie sowieso nicht, im Gegensatz zu Anlegern, die den Experten vertrauen. Auch diejenigen, die täglich mit diesem Stoff handeln, waren mit ihren Prognosen nicht annähernd besser als der US-Finanzminister bei der Lagebeurteilung seiner bröckelnden Häuserfront.
Staunen Sie zur Zeit auch gerade über die Prognosen der Analysten? In den letzten drei Wochen wurden mir 27 verschiedene Kursziele um die Ohren geworfen. Auch wenn alle 27 irgendwann einmal richtig liegen werden, bekommt man für den Moment des Lesens der Lektüre wahlweise eine weitere Ladung Gier oder Angst auf den Tisch gepackt. Und guter Rat ist dann oft teuer, im wahrsten Sinne des Wortes. Man könnte auch Knochen werfen oder im Teesatz wühlen, schlauer wird man bei diesem Kurszielsalat nicht wirklich. Befragt man zehn Experten, bekommt man 20 Meinungen. So ist das eben. Vielleicht sollte man Analysen ignorieren und nur ab und zu die Kurse zu verfolgen, vor allem wer physisch investiert ist. Es spart Unmengen an Zeit und Stress. Mit einer selbst erstellten Analyse und Meinung liegt ein Anleger meist besser, so sagen es zumindest empirische Studien und mancher Leute Bauchgefühl.
Unsere Alten wissen es noch: Reich wird man nicht, indem man Geld ausgibt, sondern indem man es spart. Es lebt sich manchmal auch ruhiger, wenn man etwas auf der hohen Kante hat, und nicht jeden Schnickschnack auf Kredit haben muss. Glücklich der, der noch etwas zur Seite legen kann. Auch wenn Sparen für die meisten altmodisch gilt, auch alte Moden erleben irgendwann eine Renaissance.
Als besonders altmodisch gilt in der Bankindustrie der physische Kauf von Gold und vor allem von Silber. Die Verkäufer erzählen, dass Zertifikate keine Mehrwertsteuer und Lagerkosten verursachen. Sie verschweigen aber, dass der Einsatz weg ist, wenn der Emittent über die Wupper geht und wissen selbst oft nicht, dass sich hinter keinem Zertifikat auch nur ein Gramm Metall versteckt. Bei Optionsscheinen sitzt einem die Zeit im Nacken, bei Knock Outs die Verlustschwelle. Dazu gesellt sich der Dauerstress, womöglich auch noch im Urlaub die Kurse verfolgen zu müssen. Am Ende des Tages zählen die fundamentalen Daten, auch wenn man im Silbermarkt etwas länger danach suchen muss und nicht jeder Zahl trauen darf. Wer hier von einem freien Markt spricht, der glaubt auch an Grimms Märchen.
Ich bin zwar kein Analyst, aber etwas gesunden Menschenverstand redet man mir schon nach. Ein Ding, das 95% unter seinem realen Allzeithoch steht, das nicht wie Papiergeld aus dünner Luft gezaubert werden kann, und immer stärker von Investoren nachgefragt wird, gepaart mit einem Versicherungsschutz gegen Inflation und andere Unwägbarkeiten, sollte im Preis eher steigen als fallen. Mit der gewaltigen Zinssenkungskeule der US-Notenbank wurde auch klar, dass sich die anderen Notenbanken in einen globalen Abwertungsstrudel einreihen werden und ihrerseits die Zinsen senken müssen.
Vielleicht fährt damit die Wirtschaft nicht gegen die Wand, dafür schmilzt aber die Konsistenz der Währungen wie Butter in der monetären Geldhitze. Die EZB wird sich früher oder später geschlagen geben müssen, will sie nicht als Auslöser einer Rezession gebrandmarkt werden. Das Geschrei nach einer lockeren Geldpolitik tönt vor allem aus den südlichen Gefilden der Mitgliedsländer inklusive Frankreich und Irland, wo Geldwertstabilität nie diese große Rolle spielte wie hierzulande. Ob dagegen die Bundesbanker etwas ausrichten können?