Schweiz-Debatte: Im Steuerstreit mit der Schweiz verschärfen die Sozialdemokraten den Ton. SPD wirft Bundesregierung Schutz von Steuerbetrügern vor. "Steuerfahnder allein zu lassen ist ungeheuerlich.“
Im innerdeutschen Streit um das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz ist keine Entspannung in Sicht. Unmittelbar vor der für den heutigen Donnerstag in Bern geplanten Unterzeichnung des Abkommens sorgen nach wie vor die von der Schweiz ausgestellten Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder für große Unruhe.
Parteichef Gabriel verlangt gezielte Ermittlungen gegen eidgenössische Banken - notfalls durch den Generalbundesanwalt. Gabriel sprach sich für die Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft aus. Vorstellbar sei auch, dass der Generalbundesanwalt mit den Ermittlungen betraut werde. "Kreditinstitute, die sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig machen, können von uns belangt werden, auch wenn sie im Ausland sitzen und das Delikt dort begangen wurde", sagte er.
Der Sprecher des konservativen Flügels in der SPD („SeeheimerKreis“), Johannes Kahrs, warf der Bundesregierung vor, Kriminelle zu schonen statt sich vor die ermittelenden Beamten zu stellen. „Der Schutz von Steuerbetrügern und die offensichtliche Klientelpolitik von CDU und FDP ist schon ein Skandal“, sagte Kahrs Handelsblatt Online. „Aber Steuerfahnder allein zu lassen ist ungeheuerlich.“ Kahrs fragte, wo eigentlich die Fürsorgepflicht dieser Bundesregierung für ihre Mitarbeiter sei? „Hier fehlt dieser Regierung Anstand, Maß und Charakter“, sagte er.!
Die Schweiz hatte Haftbefehle gegen drei Finanzbeamte aus Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit einem CD-Kauf aus dem Jahr 2010 erlassen: Das Land NRW hatte damals die CD mit Daten der Bank Credit Suisse für 2,5 Millionen Euro von einem Informanten gekauft. Die Schweiz sieht in diesem Fall den Verdacht der Wirtschaftsspionage.
Dessen ungeachtet wollen Deutschland und die Schweiz heute das nachgebesserte Steuerabkommen auf den Weg bringen. Vertreter beider Länder sollen in Bern ein Protokoll mit Vertragsänderungen unterzeichnen. Das Abkommen ist in Deutschland umstritten. Die rot-grün regierten Länder drohen weiterhin mit einem Veto im Bundesrat.
Für die zur Festnahme ausgeschriebenen deutschen Steuerfahnder kamen die Schweizer Haftbefehle aber wohl nicht völlig überraschend. Ein mit dem Fall vertrauter Spitzenbeamter sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Steuerfahnder seien schon seit einiger Zeit nicht mehr in die Schweiz gereist, um "solche Risiken" zu vermeiden.
Die Schweizer Justiz wertet den Ankauf einer Steuersünder-CD durch deutsche Steuerfahnder als "nachrichtliche Wirtschaftsspionage".
Gewinner der Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und der Schweiz könnten die deutschen Banken sein. Wenn das Bankgeheimnis in der Schweiz aufgehoben wird, werden die Kunden ihr Geld auch bei der Deutschen Bank oder der Commerzbank wieder anlegen, vermuten Insider.