Seit einiger Zeit spielt sich vor unser aller Augen ein Vermögens-, Macht- und Souveränitätstransfer allererster Güte ab – und in einigen Monaten will es wieder keiner unserer Volksvertreter bemerkt haben. Die Erkenntnisse großer Nationalökonomen – allen voran Ludwig von Mises – bleiben ungeachtet, stattdessen wird ein gescheitertes System an den Geldtropf gehängt.
von Thomas Bachheimer, Wien
Nachdem man uns mit Griechenland schon über Jahre getäuscht hat, geht es mit dem Hinters-Lichtführen und Vernebeln weiter – noch dreister als jemals zuvor. Gemeint sind die „Hilfsmittel“ – offiziell für andere Länder, allen voran Griechenland bestimmt –, die uns unter dem Vorschützen von Solidarität abgeknöpft werden. Tatsächlich kommen die Gelder maroden Banken zugute, die es trotz „Schuss vor den Bug“ 2008 in vier Jahren samt Milliardenhilfe nicht geschafft haben, sich aus der Bredouille zu bringen. In einem Europa mit völlig souveränen Staaten wäre diese Entrechtungs- und Enteignungsmethodik chancenlos, aber in diesem verrückten System ohne klarem Bild, wer wofür verantwortlich ist, scheint beinahe alles durchzugehen.
Die Vernebelungstaktik hat seit Beginn dieser abstrusen Elitendiktatur Tradition und scheint noch immer aufzugehen. Am Anfang stand die EWG, danach wurde in EG und weiter in EU umfirmiert, weiters mit Kommission, Rat und Präsidentschaft aufgepropft. „Die EU ist rechtlich genommen ein Zwitter, ein juristisches Monstrum, das sehr schwer fassbar ist, denn sie ist weder ein Staatenbund, noch ein Bundesstaat. Konkreter formuliert müsste man sie als eine demokratisch nicht legitimierte Rätediktatur bezeichnen, denn die Entscheidungen der EU fallen in Komitees, Räten und Kommissionen“. (Heiko Schrang)
Zuordnungen sind für den Bürger nur schwer auszumachen: nicht, wer für was politisch verantwortlich ist, wer für das Finanzdesaster verantwortlich ist, sowieso nicht. Das ist kein Zufall, das war der Plan. Zu Komitees, Räten und Kommissionen gesellen sich die bereits „gedruckte“ Billion, der noch zu ratifizierende ESM und die Troika (Junker wird immer wichtiger). Fragen Sie sich nicht auch, was die Troika für ein Gremium ist, wer diese errichtet hat, wer über diese abgestimmt hat und warum eigentlich Junker, der Chef eines winzigen Landes, so wichtig ist und sehr viel zu sagen hat.
Alle diese sonderbaren Instrumentarien nehmen als nicht demokratisch legitimierte (Ent)-Macht(ungs)-Instrumente ihre Arbeit auf – dies vor den Augen der Bürger und unserer Volksvertreter. Dass es mit der Demokratie in EU-Europa nicht weit her ist, zeigt die Tatsache, dass in den letzten Monaten drei Goldman Sachs-Leute wichtige Posten in Europa übernommen haben – jeweils ohne Wahlen: Monti in Italien, Papademos in Griechenland (wohlgemerkt offiziell interimistisch, dennoch ohne Wahlen) und Draghi die EZB. Bei Letzterer sind Wahlen durchs Volk ohnehin nicht vorgesehen, da es sich mit der komplizierten Materie ohnehin nicht auskenne. Aber in Italien und Griechenland ist man handstreichartig vorgegangen. Man bedenke: nicht einmal der trotz aller Skandale seit Jahren fest im Regierungssattel sitzende und bisher ALLES überlebende Berlusconi konnte dem Ansturm von Goldman Sachs und Freunden Paroli bieten. Monti kam an die Macht, ohne jemals auf einer Wahlliste gestanden zu haben. Hier wurden alle demokratischen Grundrechte mit Füßen getreten. Hätte irgendein Ex-Sowjetrepubliken-Despot so etwas gewagt, welch ein Aufschrei wäre aus Brüssel gekommen, inklusive Handelssanktionen und diplomatischem Rückzug. Aber wenn das supranationale, Goldman Sachs-gespeiste Elitensyndikat in Italien durchgreift, ist es selbstverständlich demokratiepolitisch und menschenrechtlich in Ordnung. Das Zitat eines Wortspenders ist mehr als gerechtfertigt: Ein Putsch der Politik gegen das Volk.
Der Hauptanlasspunkt meiner Europa-Demokratiekritik ist jedoch der ESM, da selbiger nebst anderen auch Österreich und seine Bürger direkt betrifft – und zwar in ungeahntem Ausmaß. Die Eckpunkte des ESM-Vertrags zum europäischen Stabilitätsmechanismus (Schuldenunion):
Der ESM-Vertrag
- Das Grundkapital beträgt 500 Mrd Euro.
- Von Finanzministern bereits unterzeichnet, muss noch von Parlamenten „ratifiziert“ werden.
- Nach der Ratifizierung werden Regeln fixiert, die die Gesamtsumme steuern – bei den 500 bleibt es ohnehin nicht. Es wird erhöht und danach noch gehebelt werden.
- Die ESM-Mitglieder sagen bedingungslos und unwiderruflich zu, bei Aufforderung …. jeglichem Kapitalabruf binnen 7 Tagen nach dieser Aufforderung nachzukommen. (Bemerkenswert hier das Wort unwiderruflich. Bei Neuwahlen, wenn das neue Parlament dies nicht mehr will, kann es nicht aus diesem „Vertrag“ aussteigen).
- Der Gouverneursrat kann Änderungen des Grundkapitals beschließen. (D.h. die 500 Mrd Euro sind nur der Anfang – der ESM kann beliebig nachfordern bzw. hebeln.)
- Der ESM verfügt über volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit für das Anstrengen von Gerichtsverfahren.
- Der ESM, die ausführenden Organe, sein Eigentum, seine Finanzmittel, seine Vermögenswerte und seine Akteure genießen umfassende gerichtliche Immunität (was wiederrum bedeutet: der ESM kann klagen aber nicht verklagt werden.)
- Alle Unterlagen bleiben geheim.
- Gemanagt wird das Ganze von einem Gouverneursrat bestehend aus Finanzministern (was nichts anderes bedeutet, als dass Personen aus den Reihen der Verursacher dieses diktatorische Finalisierungsinstrument in den Händen halten).
- Das Vermögen der Bürger kann jederzeit von diesem Gremium abberufen werden und zur Umschuldung herangezogen werden.
Mit einem Wort: nachdem mehrmals „finanztechnisch“ auf den EU-Bürger/Bürgen geschossen wurde und dieser noch taumelt, wird nun schweres Gerät (Billion Euro, ESM, usw) ausgepackt. Der ESM bedeutet das Ende der Bürgerrechte und den Beginn politischer Willkür bzw der Diktatur durch nicht gewählte Finanz-Politeliten. Dagegen nehmen sich unsere Korruptionsaffären regelrecht „entzückend“, nicht aber weniger verabscheuungswürdig aus.
Finanzministerin Fekter hat diesen ESM-Vertrag bereits unterschrieben, die parlamentarische Abstimmung (in diesem Falle salopp „Ratifizierung“ genannt) zum demokratiepolitischen Wahnsinn ohne Vergleich steht ins Haus. Es ist zu befürchten, dass unsere Volksvertreter das Zepter der finanziellen Souveränität abgeben werden. Natürlich sind Troika, Draghi, Barroso, JPMorgan, Goldman Sachs und dergleichen ganz ordentliche Kaliber mit der Willensdurchsetzungskraft, die man sich für unsere Politiker nur wünschen kann und vor denen man sich furchtbar ducken muss. Aber was zu weit geht, geht einfach zu weit.
Und wenn das Volk nicht mehr kann, dann wird’s auch für die Politik recht rau. Man kann nur solange Solidarität bieten, solange die Gebergruppe bei Laune ist und auch geben kann. Der Zenit ist jetzt überschritten, das Gros der rechtschaffenen Bürger kann nichts mehr zur Seite legen – weder für sich, noch für hilfsbedürftige Banken, Politiker, Griechen, Portugiesen oder für sonst irgendeine Gruppe, die in den letzten Jahrzehnten schwer versagt hat.



