Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen ESM könnte sich als Pyrrhus-Sieg erweisen. Die Konsequenz wäre eine Bruch der Regierung und Neuwahlen. Mit dem erwarteten Sieg für Rot/Grün würden die Bilderberger ihr Ziel erreichen: Jürgen Trittin als Finanzminister.
von Michael Mross
Deutschland und die Finanzwelt fiebern der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entgegen. Beobachter meinen, dass Karlsruhe dieses Mal der Klage stattgeben wird.
Auch wenn vielen Euro-Kritikern Kanzlerin Merkel nicht weit genug geht - in der verzwickten Gemengelage und den Drohungen durch Pleitestaaten ist dies wohl das Maximum, was überhaupt möglich war. Aber nicht mehr lange. Denn Finanzwelt, Resteuropa, USA wollen bekanntlich, dass Deutschland seine Wirtschaftshoheit aufgibt und voll für die Schulden anderer haftet.
Welche Konsequenzen hätte ein "Nein"?
Sollte das Gericht den Eilanträgen stattgeben, wäre das "nicht nur eine Bauchlandung für die Bundesregierung", warnte der FDP-Vorsitzende im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff, der "Passauer Neuen Presse". "Es wäre ein schwerer Schlag für ganz Europa." Am Wochenende hatte bereits Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor den "heftigen Folgen" einer solchen Entscheidung gewarnt.
Die Zulassung der Eilanträge führt zwangsläufig zum Hauptverfahren. Ein Hauptverfahren aber bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit, dass das Verfassungsgericht die Klage als rechtens einstuft. Damit ist der ESM gescheitert.
Das wiederum wäre nicht nur eine Riesenblamage für die Bundesregierung. Eine solche Entscheidung stellt am Ende den Fortbestand der Regierung in Frage. Neuwahlen wären dann unausweichlich. Nach dem herrschenden Meinungsumfrage-Bild hätten dabei aber Rot/Grün die Nase vorn. Und damit erfüllt sich besonders für Jürgen Trittin ein Traum: Finanzminister. Schon lange wird in Politikerkreisen nämlich gemunkelt, dass Trittin Interesse für diesen Ministerposten angemeldet hat. Insider vermuten, dass er deshalb auch zum diesjährigen Bilderberger-Treffen eingeladen wurde und seit dem die Idee der "Bankenunion" verwirklichen will. Kernpunkt ist die "Europäisierung der Einlagensicherung".
Neuwahlen könnte es aber auch dann geben, wenn die Entscheidung des Gerichts noch nicht fest steht und entsprechend bis zum Hauptverfahren hinausgezogen wird. Auch dies bedeutet, dass der ESM nicht in Kraft treten kann. Eine zeitnahe Implemtierung ist aber für die "Euro-Rettung" dringend geboten. Brüssel rechnete bereits damit, Anfang Juli über den ESM verfügen zu können. Aber auch daraus wird wahrscheinlich nichts.
Allein die Tatsache, dass das Gericht den Bundespräsidenten gebeten hat, das Gesetz vorerst nicht zu unterschreiben, deutet darauf hin, dass sich die Richter erst mal Zeit nehmen wollen. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass das, was am 29.6.2012 im Bundestag abgenickt wurde, schon wieder Makulatur ist. Denn die im ESM getroffen Vereinbarungen wurden ja bereits wieder gebrochen, indem dieses Vehikel jetzt nicht nur Staaten, sondern auch Banken retten soll. Auch diese Wendung dürfte dem Verfassungsgericht nicht entgangen sein.
Tritt der ESM aber - zumindest vorläufig - nicht in Kraft, dürften sich die Spannungen in der Eurozone weiter zuspitzen. Auch dies könnte politisch Konsequenzen in Berlin haben mit der Folge von Neuwahlen. Mit und ohne Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfte also für Deutschland ein heißer Herbst bevorstehen.