Heute wurde ein Media Markt Manager zu über fünf Jahren Haft wegen Bestechung verurteilt, obwohl die Beweislage mehr als dürftig war. Das Urteil ist auf skandalöse Weise zu Stande gekommen. Das Verfahren stellt einen beschämenden Tiefpunkt der deutschen Strafjustiz dar.
Ex-Media Markt Chef Michael Rook wurde heute von der 10. Strafkammer des LG Augsburg zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt. Rook habe von einer für Media Markt tätigen Marketing-Agentur Bestechungsgelder entgegengenommen, die ihm von dem geständigen Bruno Herter ausgehändigt worden seien.
Das Urteil ist auf skandalöse Weise zu Stande gekommen. Es beruht ebenso sehr auf einer grob fehlerhaften Beweiswürdigung wie auf beispiellosen Verletzungen der strafprozessualen und verfassungsmäßigen Rechte des Beschuldigten. Das Verfahren stellt einen beschämenden Tiefpunkt der deutschen Strafjustiz dar.
Die Verurteilung beruht im Wesentlichen auf der Aussage des „Kronzeugen“ Herter, der sich durch die Denunziation von Rook ganz erhebliche eigene Vorteile verschaffen wollte und verschafft hat. Diese bestehen in einem deutlich geringeren Strafmaß, der Vermeidung einer sechsstelligen Einkommensteuerschuld auf die von ihm kassierten Schmiergelder sowie der Aussicht auf baldige Aussetzung der Haft zur Bewährung. Herter, der einzige Rook belastende Zeuge, will diesem in nahezu 70 Einzelfällen jeweils fünfstellige Barbeträge übergeben haben. Wann und wie diese Übergaben stattfanden, habe Herter „vergessen“. Lediglich eine einzige Geldübergabe behauptet Herter noch konkret erinnern zu können. Die Aussage zu dieser einzigen Übergabe unterlag dann aber im Laufe des Verfahrens den abenteuerlichsten Metamorphosen, ist widersprüchlich und komplett unglaubwürdig. Eine Verurteilung auf eine derartige Aussage eines derartigen Zeugen zu stützen, verbietet sich unserer Meinung nach nur dann nicht, wenn man in erster Linie bestrafen und nicht der Wahrheitsfindung dienen will.
Die Kammer hat ferner die strafprozessualen und verfassungsmäßigen Rechte des Beschuldigten in schwer wiegender Weise ignoriert. Ebenso eindeutig ist ihr eine Verletzung der zu dessen Gunsten lautenden Unschuldsvermutung zu attestieren.
Die Wahrnehmung des Rechts auf Akteneinsicht vor Beginn der Hauptverhandlung ist ein fundamentales rechtsstaatliches Grundprinzip eines fairen Verfahrens. Es hat Verfassungsrang. Das Landgericht hat die Wahrnehmung dieses Rechts trotz massiven Drängens der Verteidigung und einer Flut von einschlägigen Anträgen bis zum Ende des Prozesses verhindert.
Kern der Akte sind 79.000 abgehörte Telefongespräche, davon allein 18.000 mit Beteiligung des Zeugen Herter. Weiterhin 14 Mio. elektronische Dokumente wie Briefe und E-Mails usw. Die elektronischen Dokumente wurden zunächst in ein Sonderformat verschlüsselt und mit der Mitteilung zugänglich gemacht, man könne sich ja zur Entschlüsselung die € 4.000,00 teure Software Nuix anschaffen. Bis heute hat die Verteidigung trotz enormen Zeitaufwandes weniger als 3% der Telefonate auswerten können. Dies beruht einzig auf der durch das Landgerichts tolerierten Weigerung der Strafverfolgungsbehörden, die gesamten Verbindungsdaten auszuhändigen. Ähnlich liegt der Sachverhalt bei 14 Mio. elektronischen Dateien, die erst lange nach Beginn der Hauptverhandlung zugänglich gemacht wurden.
Das Landgericht hat damit die Rechtsverteidigung drastisch erschwert und sich einer vollständigen Aufklärung der Tatsachen hartnäckig verweigert.
Das dargelegte Agieren der Justiz, das die Grundlagen unserer rechtsstaatlichen Ordnung ignoriert und damit deren Bestehen gefährdet, verdient unabhängig vom Schicksal der Betroffenen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.
Das Urteil wird mit Rechtsmitteln angegriffen werden.
Die auf Seiten von Staatsanwaltschaft und Gericht handelnden Personen waren schon zuvor Gegenstand erheblicher medialer Aufmerksamkeit. Staatsanwalt Ballis wegen seiner Rolle im Verfahren gegen Stephan Lucas. Der Vorsitzende Richter Natale und die Berichterstatterin Bader als (damalige) Staatsanwälte in dem Verfahren gegen Max Strauss.