Kommt die „Gold gab ich für Eisen“-Zwangssteuer wieder? Der Staat griff schon zweimal nach dem Gold seiner Bürger. Wird es ein drittes Mal geben? Denn ein Krieg frisst Geld schneller, als ein Finanzminister drucken kann.
Von Meinrad Müller
Die finanzielle Logik des Krieges
Die Bundeswehr bekommt jetzt schon kaum genug Munition. Doch im Krieg steigen die Kosten ins Bodenlose: Millionen Kampfuniformen für den Einsatz. Dazu Sonntagsausgehuniformen für Paraden und Propaganda. Genäht in Spezialbetrieben. Genau wie früher im Dritten Reich bei Hugo Boss. Dann kommt Waffentechnik in unvorstellbarer Menge. Wenn diese zu Friedenszeiten schon kaum zu bezahlen ist, wie soll dann ein großer Krieg finanziert werden? Ein echter Krieg verhundertfacht die Ausgaben. Da reichen weder Steuern noch neue Schulden. Der Staat greift dorthin, wo noch Vermögen liegt: zum Bürger. Zu seinen Goldketten, Ohrringen, Eheringen, Münzen und Barren.
Kriege werden mit Geld gewonnen
Kriege werden nicht mit Mut gewonnen, sondern mit Geld. Die Schlacht wird von der Heimat finanziert. Ein Heer braucht ständig neue Waffen, Kleidung, Versorgung und Ersatz. Fabriken laufen Tag und Nacht. Die Kosten wachsen schneller, als man sie zählen kann. Wenn die Staatskasse leer ist, sucht der Staat nach neuen Quellen. Die Geschichte zeigt: Er sucht nach Sachwerten, das versteckte Gold ist das erste Opfer.
Die Kampagne von 1813
So geschah es 1813 in Preußen. Nach den Demütigungen durch Napoleon war das Land ruiniert. König Friedrich Wilhelm III. rief zum Befreiungskrieg auf. Doch es fehlte an allem. Waffen, Pferde, Kleidung, Geld. Die Staatskasse war leer. Also wandte man sich an das Volk. Die Kampagne „Gold gab ich für Eisen“ begann. Vor allem Frauen wurden aufgefordert, ihren Goldschmuck zu spenden. Wer ihn abgab, erhielt zum Dank einen Ring aus Eisen mit der Gravur „Gold gab ich für Eisen“. Der Eisenring am Finger wurde zum Zeichen des Patriotismus. Wer ihn trug, galt als staatstreu. Wer weiter Gold trug, galt als egoistisch oder illoyal. Aus einem freiwilligen Opfer wurde sozialer Druck. Viele gaben nicht aus Begeisterung, sondern aus Angst vor Spott.
Goldabgabe im Ersten Weltkrieg
Ein Jahrhundert später wiederholte sich alles. 1914 begann der Erste Weltkrieg. Erneut rief der Staat zur Abgabe von Gold auf. Wieder wurden Sammelstellen eingerichtet. Wieder gab es eiserne Ringe mit der Gravur „Gold gab ich für Eisen“. Wieder galt: Wer Gold behielt, stellte sich gegen die Gemeinschaft. Die Propaganda sprach von Ehre und Vaterland. In Wahrheit brauchte der Staat Geld für Kanonen, Uniformen und Sold. Die Kampagne war offiziell freiwillig, aber inoffiziell verpflichtend. Niemand wollte als Drückeberger dastehen. Viele Frauen gaben den geerbten Familienschmuck her und trugen stattdessen Eisenringe. Moral wurde zur Währung.
Die Methoden von heute
Anonym Gold kaufen? Nur bis 1.999,99 Euro. Ab 2.000 Euro muss der Käufer seinen Ausweis zeigen. Händler und Banken dokumentieren jede größere Transaktion. Diese Daten bleiben gespeichert. Bei Verdacht werden sie an das Zollkriminalamt gemeldet. Der Staat weiß also in vielen Fällen, wer Gold besitzt und in welchem Umfang. Und während darüber diskutiert wird, ob Goldbesitz künftig eingeschränkt oder sogar verboten werden könnte, wächst die Versuchung des Staates, im Ernstfall darauf zuzugreifen.
Ein drittes Mal?
Der Staat griff schon zweimal nach dem Gold seiner Bürger. Wenn die Not groß genug wird, wird er es wieder tun. Dann klingeln sie morgens um sechs. Höflich. In schöner Uniform. And bitten um die milde Gabe. Und eines wird anders sein als 1813 und 1914: Diese Männer bringen wahrscheinlich keine eisernen Ringe mehr mit der Gravur „Gold gab ich für Eisen“ zum Dank vorbei.



