Lieber Investor,
in der vollkommen unterschiedlichen Börsenbewertung von Tesla und den etablierten Herstellern wird nicht nur deutlich, in welchem Sektor die Anleger die Fahrzeuge der Zukunft erwarten. Es werden auch einige Annahmen gemacht, die sehr ambitioniert sind. Dabei ist es gut möglich, dass sie zu ehrgeizig sind und deshalb nicht realisiert werden können.
Teslas hohe Bewertung erinnert ein wenig an die eines jungen Softwareunternehmens
Ein Punkt ist die Annahme, dass die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Autos eine schlechte Energieeffizienz haben und mit ihrem CO2-Ausstoß maßgeblich zur Klimaerwärmung beitragen. Sie möglichst schnell durch Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu ersetzen, macht also Sinn, sofern der benötigte Strom sauber erzeugt wird. Stammt der zum Laden der Batterien verwendete Strom hingegen aus Kohlekraftwerken, wird die Energie- und Umweltbilanz sogleich eine andere. In diesem Fall haben die schmutzigen Diesel und Benziner die Nase vorn.
Auch Teslas ambitionierte Expansionspläne sind eine Kalkulationsgröße, die sich leicht als unrealistisch erweisen könnte. Teslas hohe Bewertung erinnert ein wenig an die eines jungen Softwareunternehmens. Der kleine Unterschied ist jedoch, dass man Software nur einmal entwickeln muss und sie dann prinzipiell in einer unbegrenzten Stückzahl vertreiben kann.
Diese Möglichkeit der Skalierung besteht in der Produktion von dinglichen Gütern nicht. Hier muss nach wie vor jede Schraube verschraubt und jede Lötstelle mit dem notwendigen Aufwand gelötet werden. Maschinen und Roboter nehmen uns dabei heute einen großen Teil der Arbeit ab. Trotzdem sind der Skalierbarkeit enge Grenzen gesetzt, weil jede erhebliche Ausweitung der Produktion neue Maschinen, Mitarbeiter und Fabrikhallen voraussetzt.
Wenn Tesla nun beabsichtigt, die eigene Produktion von 76.000 Einheiten im Jahr 2016 auf 500.000 Fahrzeuge im Jahr 2018 zu steigern, dann steht hier ein Sprung der Extraklasse auf dem Programm. Er ist nicht nur im Blick auf die Logistik und die Arbeit des Managements eine riesige Herausforderung. Auch die Kunden für die neuen Autos wollen erst einmal gefunden werden.
Ein Beitrag von Dr. Bernd Heim.