Korruptionssumpf in Kiew. Neue Dokumente der New York Times zeigen, wie Kontrolle ausgeschaltet wurde, während über 360 Milliarden Dollar westlicher Hilfen nach Kiew flossen. Ein beträchtlicher Teil unseres Geldes ist in sehr dunklen Kanälen versickert.
Von Meinrad Müller
360 Milliarden Dollar Hilfen ohne wirksame Kontrolle
Seit Beginn des Krieges überwiesen die USA rund 190 Milliarden Dollar und die Europäische Union etwa 170 Milliarden Dollar an Kiew. Diese Gelder sollten Energieversorgung, Renten, Löhne, Wiederaufbauprojekte, Militärmaterial und humanitäre Leistungen sichern. Voraussetzung der Geberländer war aber die Einrichtung unabhängiger Kommissionen. Doch laut New York Times wurden diese Gremien funktionslos gemacht. Unbesetzte Sitze. Verzögerte Ernennungen. Veränderungen der Firmenstatuten zugunsten der Regierung. Das Ergebnis war ein Kontrollsystem, das auf dem Papier existierte, in der Praxis aber kaum Wirkung entfaltete.
Das 100 Millionen Dollar Schmiergeldnetz bei Energoatom
Der Energoatom-Skandal zeigt die Mechanik. Mindestens 100 Millionen Dollar sollen über ein Schmiergeldsystem geflossen sein. Lieferanten mussten zehn bis fünfzehn Prozent ihrer Vertragswerte zahlen, sonst wurden Rechnungen nicht beglichen. Bei Aufträgen im zweistelligen Millionenbereich bedeutete das Schmiergeldsummen von ein bis fünf Millionen Dollar pro Vorgang. Ermittler fanden bei Razzien mehrere Hunderttausend Dollar Bargeld und eine goldene Toilette, deren Wert auf über 100.000 Dollar geschätzt wird. Einfach unglaublich.
Timur Mindich, engster Vertrauter Selenskyjs, flüchtete aus der Ukraine kurz vor der Durchsuchung und soll sich in Israel aufhalten. Ein Haftbefehl liegt nicht vor. Auch der Energieminister, der Justizminister und der Chef des Präsidentenbüros mussten zurücktreten. Die Regierung versuchte anschließend, die Verantwortung auf den Aufsichtsrat abzuwälzen, obwohl dieser zuvor gezielt geschwächt worden war.
50-Prozent-Aufschläge auf Rüstungsverträge
Im Rüstungsbereich dokumentiert die New York Times Preisaufschläge von zwanzig, dreißig und teilweise fünfzig Prozent. Bei einem Drohnenauftrag über 80 Millionen Dollar könnten somit bis zu 40 Millionen Dollar über dem Marktpreis gelegen haben. Bei Uniformen und Ausrüstung fanden Prüfer Differenzen im Wert von zehn bis zwölf Millionen Dollar pro Beschaffungsrunde.
34 Milliarden Dollar humanitäre Hilfen ohne klare Nachweise
In der humanitären Unterstützung weist ein interner EU-Bericht rund 34 Milliarden Dollar aus, deren Verbleib nur teilweise belegbar ist. Zahlungen in Höhe von zehn bis dreißig Millionen Dollar pro Gebiet sind oft nur unvollständig dokumentiert. Das Muster wiederholt sich: geringe Nachweise, hohe Summen, unklare Verantwortlichkeiten.
6,8 Milliarden Dollar Gasimporte mit hohen Provisionen
Gasgeschäfte liefen über Konstruktionen in Drittstaaten. Provisionen von 25 bis 35 Prozent waren üblich. Bei einem Importvolumen von 6,8 Milliarden Dollar entspricht das potenziellen Mehrkosten von über zwei Milliarden Dollar. Die New York Times verweist hierzu auf interne Papiere der Europäischen Kommission, die politische Einflussnahme als strukturelles Problem nennen.
Schätzungen: Bis zu 27 Milliarden Dollar pro Jahr verloren
Ein Diplomatenbericht nennt eine jährliche Verlustspanne von 15 bis 30 Prozent der staatlichen Ausgaben. Bei einem ukrainischen Haushaltsvolumen von über 90 Milliarden Dollar ergibt das potenzielle Verluste zwischen 13 und 27 Milliarden Dollar pro Jahr. Der Internationale Währungsfonds bestätigt hohe Risiken durch fehlende Transparenz und schwache Institutionen.
Selenskyjs Nähe zu einem 100-Millionen-Dollar-System
Selenskyj wird nicht als direkter Empfänger von Schmiergeld genannt. Doch der Skandal trifft ihn politisch, weil der zentrale Akteur ein langjähriger Geschäftspartner aus jener Zeit ist, in der Selenskyj Einnahmen über Auslandsfirmen organisierte, deren Zahlungsströme teilweise ungeklärt sind. Genau in diesem Umfeld wuchs ein Schmiergeldnetz im Umfang von hundert Millionen Dollar. Niemand behauptet, Selenskyj habe persönlich kassiert. Doch entscheidend ist, dass dieses System in seinem engsten Umfeld existierte und dass Aufsichtsräte systematisch geschwächt wurden, bis Kontrolle nur noch formal bestand.
1,5 Milliarden Euro EU-Gelder eingefroren
Die politische Reaktion zeigt sich in Zahlen. Die Europäische Union hat 1,5 Milliarden Euro aus geplanten Auszahlungen gestoppt. Dänemark kürzte seine Hilfen von drei Milliarden auf etwa eineinhalb Milliarden Dollar. Deutschland warnt, dass bis zur Hälfte aller Hilfsgelder ohne strenge Auflagen verloren gehen könnten. In Zukunft soll die Weltbank als alleiniger Verteiler großer Finanzpakete dienen, um politischen Zugriff zu verhindern.
Die New York Times hält fest, dass die Schutzmechanismen der Geber entwertet wurden. Die Summen reichen von Hunderttausenden bis zu Dutzenden Milliarden. Für die westlichen Steuerzahler bleibt eine einfache Frage. Was geschah mit diesen Beträgen und wer übernimmt dafür Verantwortung.
New York Times
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