Ex-McKinsey Chefvolkswirt: Reiche horten 21-32 Billionen USD in Steueroasen. Off shore-Zentren im Anlagenotstand - Bernanke versendet Rauschzeichen für ein QE3. - Sommerrallye intakt, aber brisante Marktechnik.
von Andreas Männicke
Nach einer Studie des ehemaligen Chefvolkswirts der Unternehmensgruppe McKinsey, James Henry, horten die Reichen 21-32 Billionen USD in Steueroasen. Das Geld verteilt sich dabei auf ca. 10 Millionen Personen. Dies ist so viel wie das amerikanische und japanische Bruttosozialprodukt zusammengenommen. Ein Drittel der größten Vermögen dürften nach der Studie im Besitz von nur 100.000 Personen sein. Die Studie wurde für die Organisation „Tax Justice Network“ - einer Initiative die 2003 in den britischen Parlamentskammern zur Herbeiführung der Steuergerechtigkeit - entwickelt. Henry bezeichnet dies Finanzvermögen als „schwarzes Loch in der Weltwirtschaft“, das immer größer wird. Das Problem der Steuerhinterziehung ist insbesondere in Entwicklungsländer sehr ausgeprägt.
Die reichsten „Dagobert Ducks“ in den 139 untersuchten Entwicklungsländern haben in den 70-er Jahren bis 2010 7,3 bis 9,3 Billionen USD angehäuft. Dabei sind Immobilien und Gold noch gar nicht mitgezählt. Unter Hinzurechnung von Gold/Immobilien/Yachten/Rennpferden wird das Vermögen auf 38 Billionen USD geschätzt. Damit entgingen dem Staat zwischen 190 und 280 Mrd. USD jährlich. Zugrundegelegt wurde dabei die Daten des IWF, der Vereinten Nationen, der Weltbank und der Zentralbanken.
Das Geld landet dann oft unter Zuhilfenahme von Vermögensverwaltungen großer Banken auf Steueroasen wie Cayman Islands, Jersey, Singapur oder Zypern. Früher war die Schweiz selbst auch ein begehrter Zufluchtsort, aber das Geld wandert jetzt zunehmend nach Singapur. Die USA und Deutschland versuchen schon seit geraumer Zeit, auf die Vermögen in der Schweiz zurückgreifen zu können, denn die Gier des Staates wird in Anbetracht der enormen Verschuldung immer größer.
In den USA wird das Steuerthema nun zum Wahlkampfthema. Angeblich soll Mitt Romney in den letzten 10 Jahren kaum Steuern für sein Vermögen von 250 Mio. USD gezahlt haben, was für Obama ein willkommenes Fressen ist. Ein Teil des Geldes soll Romney auch in der Schweiz parken. Romney gelang es schon über 100 Mio. USD an Wahlkampfgeldern einzusammeln. Da kommt Obama trotz guter Vernetzung im Internet nicht ganz mit. Romney ist der reichste Präsidentschaftskandidat und damit auch aber auch ein Symbol für das Land der großen Unterschiede zwischen reich und arm, wo die die Unterschiede immer größer werden und der Mittelstand wegbricht.
Besonders ausgeprägt ist die Kapitalflucht in Ländern wie China, Russland, Korea, Brasilien, Kuwait, Mexiko, Venezuela, Argentinien, Indonesien, Saudi-Arabien, Nigeria und Malaysia, wo die Kapitalflucht oft 100 Mrd USD im Jahr übersteigt und wo die Kapitalflucht sogar größer ist als die Auslandsverschuldung. Aus Russland sind seit 1990 über 500 Mrd. USD, aus Saudi-Arabien und Nigeria über 200 Mrd. USD herausgeflossen und zum Teil über die Steueroasen auch wieder reinvestiert. So ist für Russland bezeichnenderweise Zypern und Niederlande einer der größten Auslandsdirektinvestoren in Russland, wobei das Geld nicht von Ausländern kommt sondern von Russen selbst.
Früher wurden südeuropäische Anleihen gerne von Risikoinvestoren in Offshore-Zentren wegen der höheren Renditen aufgenommen; jetzt will sie aber keiner haben und westliche Pensionskassen und Versicherungen dürfen sie auch nicht mehr aufnehmen. Damit wird die Refinanzierung der südeuropäischen Staatsanleihen aber immer schwieriger.
Aber nicht nur die Refinanzierung von „PIGS“-Anleihen, sondern auch de Refinanzierung von Bankenanleihen aus Südeuropa bleibt problematisch, wie das jüngste Beispiel in Spanien zeigt. Hier soll nun der ESM in Zukunft helfen, wobei es fraglich ist, ob 700 Mrd. € ausreichen werden. Wenn Spanien unter den Rettungssschirm gehen sollte, wird es schon eng, für Italien wohl kein Platz mehr. Nun hat sich Draghi schon sehr weit aus dem Fenster gelehnt und angekündigt, dass er bereit ist, in der Not spanische oder italienische Anleihen aufzukaufen, wenn zuvor der Antrag beim ESM eingereicht wird. Ob der ESM überhaupt rechtens ist, wird am 12. September vom Bundesverfassungsgericht entschieden.
Aber auch die EZB muss sich ebenso wie die FED fragen: Was macht sie mir den jeweils ca. 3 Billionen USD und wie viel von den Schrottanleihen wird sie später wieder los? Ben Bernanke hat schon vor seiner weltweit viel beachteten Rede am 31. August in Jackson Hole Rauchzeichen aufkommen lassen, dass er ab dem 31. August ein QE3 starten wird.
Wie es nun weitergehen wird, liegt in der Hand von „Helikopter-Ben“, der nun wieder mit Billionen um sich schmeißen kann, falls die US-Wirtschaft schwächeln sollte. Dann heißt es aber für die „Dagobert Ducks“ der Welt. Wohin mit den Billionen? Die Republikaner wollen Ben Bernanke am liebsten loswerden und den Goldstandard wieder einführen. Es dürfte ein heißer Herbst werden.