Die Börsen nach EU-Wahl: Drohen Verluste wegen politischer Unsicherheit? Regierungskrisen in vielen EU-Ländern. Politisches Chaos in Großbritannien und Österreich. - Trump kämpft an gefährlichen Fronten. - Bitcoin: grandioses Comeback. Moskauer Börse: klarer Outperformer.
von Andreas Männicke
Die hohe Wahlbeteiligung von 60 Prozent bei der EU-Wahl kann als Sieg der Demokratie bezeichnet werden, denn bei der letzten EU-Wahl gingen nur 48 Prozent zur Wahl. Dennoch zeichnen sich in einigen Ländern große Spannungen ab, die die Demokratien erneut auch auf nationaler Ebene herausfordern werden.
In Frankreich musste Macron eine Wahlniederlage gegenüber den Rechtspopulisten Marine Le Pen hinnehmen. In Großbritannien gewannen ausgerechnet die Brexit-Partei die meisten Stimmen, die für einen schnellen und „harten“ Brexit ist. Großbritannien bleibt bei der Brexit-Frage gespalten, aber die Gefahr eines „harten“ Brexit bis 31. Oktober ohne Deal mit der EU erhöht sich nun.
Irrer YouTuber spricht von der „Zerstörung der CDU“
Die politische Landschaft wird in vielen europäischen Ländern unstabiler. Das Parteienspektrum wird immer bunter und heterogener. Der Niedergang der großen Volksparteien nimmt überall in Europa zu, aber auch die Protestwähler, die sich vor allem am rechten Rand wiederfinden.
Der "YouTuber" Rezo sprach in seinem YouTube-Video mit mittlerweile über 12 Millionen Klicks schon von der „Zerstörung der CDU“; es wurde aber zunächst nur der Untergang der SPD. Für die Parteien scheint das Internet ein zunehmend wichtiges Werbeinstrument zu werden. Die CDU wusste zunächst keine Antwort auf das Rezo-Video, was bei der Jugend auch Stimmen kostete.
Rechtspopulisten vor allem in Italien und Frankreich auf dem Vormarsch
In Italien haben die Rechtspopulisten Lega den Stimmenanteil von 16 auf 34 Prozent erhöht. Vor einigen Jahren spielte diese Partei noch keine Bedeutung. Die Rechtspopulisten konnten in Deutschland mit AfD nur ein wenig an Stimmen gewinnen.
Immerhin wurde die AfD in Brandenburg und Sachsen die stärkste Partei in den jeweiligen Bundesländern. In den Großstädten konnte die AfD aber nicht so punkten wie selbst erhofft. Die Rechtspopulisten und EU-Gegner würden in einer Allianz nur etwa 120 von 750 Abgeordneten im EU-Parlament aus sich vereinigen.
Wer wird der neue Juncker?
Die spannende Frage ist nun auch, ob der CSU Politiker Manfred Weber nun auch den amtierenden EU-Kommissionspräsidenten Juncker ablösen wird und ob er dann auch die Zukunft der EU positiv gestalten kann. Der Europäische Rat wird nun wohl einen Kandidaten dem EU-Parlament vorschlagen.
Gefahr der Spaltung in der EU
Dringend erforderlich wäre gerade im Verhältnis zu USA und China mehr Souveränität der EU bei den nächsten geopolitischen Konflikten, wie er nun auch mit dem Streit der USA mit Iran droht.
Aber selbst wenn es hier ein Konsens auch bei der Wahl des EU-Präsidenten geben sollte, besteht die Gefahr der Spaltung der EU auf nationaler Ebene durch die zerfahrene Situation in Italien und in Frankreich, wo Rechtspopulisten knapp die Mehrheit haben bzw. bekommen könnten.
SPD mit dem historisch schlechtestes Wahlergebnis
Insgesamt steht das Projekt EU aber auf tönernen Füßen. Die EU wird in den nächsten Jahren vor gewaltigen Herausforderungen stehen, wobei Italien und Frankreich die Hauptproblemländer bleiben werden.
Es deuten sich zudem in vielen europäischen Ländern aufgrund der Wahlen Regierungskrisen an. In Deutschland haben die Wähler unter 60 die Grünen zur stärksten Partei noch vor der CDU in Deutschland gemacht. Auch droht die Gefahr, das auch die Koalition in Deutschland nicht mehr lange von Bestand ist, den CDU fiel auf ca. 30 Prozent und die SPD liegt nur knapp übe 15 Prozent, was das schlechteste Wahlergebnis der SPD ist.
Klimawandel bleibt ein wichtiges Wahlkampfthema vor allem bei der Jugend
Das Thema Klimawandel beherrschte hier zwar den Wahlkampf, aber es gibt auch viele andere dringende Probleme der Zukunftsgestaltung, auf die die Regierung bald eine Antwort geben muss. Auffallend ist weiterhin der große Verlust an Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den etablierten Volksparteien.
Trump kämpft an (zu) vielen gefährlichen Fronten gleichzeitig
Aber nicht nur Europa steht vor großen demokratischen und demografischen Herausforderungen, sondern auch die USA, die dank Trump sich nun in immer mehr geopolitischen Konflikten mit großer Tragweite befindet.
Trump kämpft nun an weiterhin vielen Fronten und nicht wenige meinen an zu vielen. Auch in den USA bekommt er nun ordentlich Gegenwind durch die Demokraten und Medien. Unklar ist auch, ob er sich zeitnah im Handelskonflikt mit China einigen kann.
Die ersten Bremsspuren des Konflikts sind jetzt schon an den schwächeren Frühindikatoren in den USA und China ablesbar. Aber auch der Handelskonflikt mit Europa (Stichwort Importzölle für Autos) könnte im Sommer noch einmal hochkochen.
Kommt nun ein Iran-Krieg?
Gibt es Krieg der USA/Israel gegen Iran? Trump will nun 1500 Soldaten in den Nahen Osten zusätzlich schicken. Er steht zusammen mit Israel mit dem Iran sprichwörtlich auf Kriegsfuß. Da China und Russland aber den Iran unterstützen, stehen die USA auch auf dem Kriegsfuß mit Russland. Ähnlich verhält is sich mit Nord-Korea und Venezuela. Man kann nur hoffen, das es hier zu keinen weiteren Stellvertreter-Kriegen und Brandherden kommt wie zuvor in Syrien, Jemen und der Ukraine, wobei auch dort die letzte Schlacht noch nicht gewonnen ist.
Russland drohen neue US-Sanktionen
Am 20. Juni werden sich Putin und Trump beim G20-Gipfel wahrscheinlich in Japan treffen. Gesprächsstoff gibt es genug, was die Thema Nord-Korea, Venezuela und Iran angeht. Aber auch das Atomabrüstungsprogramm in Kooperation mit China steht auf der Agenda.
Der „kalte Krieg“ zwischen den USA und Russland wird im Sommer wohl in den nächste Stufe gehen, denn die USA haben schon lange Sanktionen gegen den Bau der Nordischen Pipeline angekündigt. Auch hier geht es den USA vorrangig darum, Ihre eigenen Rohstoffinteressen beim Export von Flüssiggas durchzusetzen. Man kann nur hoffen, dass die deutsche Regierung hier genug Rückgrat besitzt und nicht wieder wie so oft zum Vasallen der USA zu wird, was auch den Iran-Konflikt angeht.
Anleger an den Weltbörsen bleiben bisher gelassen
Die Weltbörsen reagierten bisher sehr gelassen auf die drohenden geopolitischen Gefahren, auf die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation, auf das politische Chaos in Großbritannien und Österreich und den Vertrauensverlust bei den großen Volksparteien.
Der DAX stieg am 27. Mai sogar leicht auf über 12.000 Indexpunkte an, was immer noch ein Plus von 14 Prozent seit Jahresbeginn ist. Der Dow Jones Industrial Index stabilisierte sich bei etwa über 25.500 Indexpunkten, was ein Plus von knapp 10 Prozent seit Jahresbeginn bedeutet.
Im Hoch war der DAX Anfang Mai freilich noch bei etwas über 12.400 Indexpunkten und der Dow Jones Industrial Index bei 26.600 Indexpunkten. Seit Anfang Mai gaben fast alle Weltbörsen etwas nach, so dass die Börsenweisheit „Sell on May and go away“ bisher stimmte. Der Euro stabilisierte sich zum US-Dollar bei etwas unter 1,12 EUR/USD.
Bitcoin top, Gold Flop
Gold konnte von den zunehmenden politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten bisher nicht sonderlich profitieren. Auch der der Europa-Wahl dümpelt der Goldpreis weiter bei 1286 USD/Unze seitwärts. Im Gegenteil: Die ETF-Gold-Anleger verkauften am Freitag sogar 5 Tonnen Gold. Aber auch Silber kommt nicht aus dem Keller heraus bei einem Preis von 14,57 USD/Unze, was alle Gold- und Silberanhänger enttäuscht. Damit ist der Goldpreis nur auf dem Niveau wie zu Jahresbeginn und Silber ist in USD sogar mit 6 Prozent im Minus.
Der Bitcoin stieg jedoch auf ein neues Jahres-Hoch von 7800 BTC/EUR, was ein Plus von 130 Prozent allein in den letzten 3 Monaten bedeutete. Auch anderen Kryptowährungen zogen im Kurs in den letzten Wochen kräftig an und setzten damit das Comeback und den Turn-around fort. Dieses mögliche Comeback des Bitcoins wurde aber auch im Börsenbrief EAST STOCK TRENDS (www.eaststock.de) rechtzeitig angekündigt und erwartet.
Moskauer Börse bleibt klarer Outperformer
Unter den großen Aktienmärkten konnte sich wiederum die Moskauer Börse am besten behaupten, obwohl der Brent-Ölpreis in der vergangenen Woche kräftig von 74 auf unter 68 US-Dollar/Barrel nachgab. In Russland erhalten Sie mit die höchsten Dividendenrenditen auf der Welt und das bei einer immer noch sehr niedrigen Bewertung der Aktien.
Gazprom mit starkem Kurssprung
Nachdem Gazprom bekannt gab, die Dividende um 30 Prozent zu erhöhen, sprang auch der Kurs von Gazprom im Mai um fast 30 Prozent von 4,6 auf 5,63 € in die Höhe. Die Aktie bleibt aber immer noch unterbewertet, ebenso wie viele andere Rohstoffaktien in Russland.
Der Rubel stabilisierte sich zuletzt bei 72 EUR/RUB, so dass es in diesem Jahr sogar hohe Währungsgewinne für ausländische Anleger in Russland gab. Der RDX-Index, ein Kunstprodukt der Wiener Börse für russische Aktien, stieg auf 1584 (im Hoch 1600) Indexpunkte, was ein Plus von 22,33 Prozent seit Jahresbeginn bedeutet. Damit konnte die Moskauer Börse wieder einmal alle großen Weltbörsen outperformen.
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