Rivalitäten untereinander, korrupte Staaten, kaputte Währungen. Kann ein Zusammenschluss der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika + u.a. Ägypten, Äthiopien, Iran) tatsächlich die Vorherrschaft der USA und des Dollars bedrohen?
Von Meinrad Müller
Am 28. April 2025 äußerte sich Russlands Außenminister Sergej Lawrow in einem Interview mit der brasilianischen Zeitung O Globo zu den Zukunftsplänen der BRICS-Staaten. Und ausgerechnet in einem BRICS-Land wie Brasilien schlug er ungewohnt realistische Töne an. Keine Großmachtlyrik, kein multipolares Heilsversprechen, sondern nüchterne Aussagen zur fehlenden Grundlage einer gemeinsamen Währung. Das ist bemerkenswert. Denn bisher war BRICS vor allem eines: ein Marketingprodukt für eine neue Weltordnung, die auf dem Papier stark klingt, in der Realität aber schwach aussieht.
Lawrow: BRICS-Währung „verfrüht“
Er spricht offen davon, dass eine gemeinsame BRICS-Währung „verfrüht“ sei. Zuerst müsse man die technischen Voraussetzungen schaffen. Übersetzt: Das Projekt hängt in der Luft. Die wirtschaftlichen, politischen und institutionellen Unterschiede zwischen den Teilnehmern sind schlicht zu groß. BRICS wirkt wie ein Club aus Staaten, die gemeinsam gegen den Westen protestieren, ohne selbst eine stabile Alternative zu bieten. Man könnte sagen: Die armen Verwandten wollen auch mitrühren, wenn der weltpolitische Kuchen gebacken wird, aber sie bringen kaum die richtigen Zutaten mit.
Bekanntlich ist eine Kette nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Und das heißt in diesem Fall: Südafrika. Ein Land, das durch tägliche Stromausfälle, Korruption, Investorenflucht und Staatsversagen auffällt, soll bei der Schaffung einer neuen Weltwährung mitreden? Ein Staat, der seine Bürger nicht einmal zuverlässig mit Elektrizität versorgt, wird plötzlich geopolitischer Akteur? Das ist kein strategisches Konzept, das ist Wunschdenken mit Pressemappe.
BRICS als zerstrittener Club ohne Fundament
Südafrika taumelt am Rand des Staatsversagens. Brasilien schwankt zwischen Sozialpolitik und innenpolitischer Zerrissenheit. Indien und China sind Rivalen, keine Partner, ihr Grenzkonflikt ist ungelöst, das Misstrauen tief. Russland nutzt BRICS aus Mangel an Alternativen. Und China verfolgt in Wahrheit eine eigene Agenda: Dominanz durch Umarmung. Von Gleichrangigkeit ist nichts zu sehen. Von wirtschaftlicher Koordination keine Spur. Was BRICS präsentiert, ist Fassade. Keine Strategie, keine Institutionen, keine Haftungskette.
Geopolitische Showbühne statt Substanz
Manche nennen BRICS bereits das neue G7. Tatsächlich ist es eher eine politische Selbsthilfegruppe mit Ambitionen. Die Gipfel sind lang, die Erklärungen wohlklingend, aber was bleibt? Keine gemeinsame Außenpolitik, kein Konsens über Sicherheit, keine greifbaren Projekte. Nur Papiere, Plattformen, Ankündigungen. Und mittendrin ein Russland, das sich internationale Zustimmung zusammenkauft, weil im Westen fast jede Tür zu ist.
Lawrow weiß, wie dünn das Eis ist. Darum spricht er mittlerweile von "technischer Vorbereitung" statt Umbruch. Realismus statt Revolution. Das ist ehrlich und es entlarvt zugleich das Brics-Märchen, das viele gerne glauben wollen. Die Realität: wirtschaftliche Schwäche, politische Rivalitäten, gegenseitiges Misstrauen.
BRICS ist keine neue Ordnung. Es ist ein Wunschgebilde aus gescheiterten Machtfantasien. Wer glaubt, die Weltwirtschaft werde demnächst von Moskau, Johannesburg und Brasilia aus gelenkt, hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Träumen dürfen sie, täuschen sollten sie niemanden mehr. Der Autor kauft sich jetzt für neun Dollar einen Cocktail.