Künstliche Intelligenz ist die Industrie der Zukunft. Michael Mross sprach mit NVIDIA-Chef Jensen Huang, der diese Botschaft anschließend auch an Bundeskanzler Merz richtete. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Deutschland und auch Europa nicht schon längst abgehängt sind.
Jensen Huang (NVIDIA-Chef, links) und Michael Mross, Chefredakteur MMnews
Von Meinrad Müller
Am Donnerstagabend kam Jensen Huang, Chef des amerikanischen Chipgiganten NVIDIA (30.000 Beschäftigte, 80 Milliarden Jahresumsatz), nach Berlin. Er ist der Visionär, der gekommen ist, um die Zukunft zu beschreiben. Bevor er am Freitag Bundeskanzler Friedrich Merz traf, hatte Michael Mross, Chefredakteur von MMnews, exklusiv die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch mit dem Mann, der wie kaum ein anderer die globale KI-Revolution sieht. Das Interview verlief in freundschaftlicher Atmosphäre, doch unter der höflichen Oberfläche lag eine beunruhigende Wahrheit: Deutschland ist nicht bereit. Und Europa steht kurz davor, abgehängt zu werden.
Denn die Künstliche Intelligenz, von der Huang sprach, ist kein Rechenschieber im Beamtenstil, sondern ein wildes, ungestümes Pferd. Sie denkt nicht linear, sie springt, denkt quer. Sie galoppiert durch das Unterholz des Undenkbaren, findet Wege, wo niemand nach Pfaden gesucht hat. Sie liefert Antworten, die selbst den Fragesteller überraschen. Doch genau das ist in Deutschland unerwünscht. Ein Land, das lieber Denkvorgaben formuliert als Denkfreiheit ermöglicht, wird mit KI nicht wachsen, sondern sie lieber regulieren und einsperren.
Ein Steinway mit 88 Tasten – aber nur 27 erlaubt
Was nützen die besten NVIDIA-Chips, wenn sie in einer Gesellschaft landen, die ihren Nutzern nur ein beschränktes Repertoire an Möglichkeiten lässt? Es ist, als schenke man einem hochtalentierten Pianisten einen 100.000 Euro Steinway-Flügel und verbietet ihm dann, mehr als ein Drittel der Tasten zu benutzen. Genau das droht: ein Technologiesprung, der vom regulatorischen Gängelband stranguliert wird, ehe er zum Tragen kommt.
Ohne Strom – kein Denken
Huang sprach es offen an: Ohne Strom keine KI. Ohne stabile, kalkulierbare Energieversorgung können keine Rechenzentren betrieben werden. Während Google, Meta und andere längst an eigenen Atomkraftwerken arbeiten, um ihre KI-Infrastruktur zu speisen, setzt Deutschland weiter auf Zufallsstrom aus Wind und Sonne. Wer aber nur dann denken darf, wenn das Wetter gerade zufällig mitspielt, der kann keinen Platz in der Weltliga erreichten.
Man stelle sich vor, Konrad Röntgen hätte bei Nacht kein Licht für seine ersten Experimente gehabt. Oder Fritz Haber und Carl Bosch wären an einem CO₂-Zertifikatsproblem gescheitert, bevor sie die rettende Ammoniaksynthese entwickeln konnten. Zwischen 1871 und 1914, als Deutschland ein geistiges Aufblühen erlebte, galt: Wer denken konnte, durfte denken. Heute dagegen gilt: Wer zu frei denkt, macht sich verdächtig. Denunziation und Meldestellen sind genau der Acker, auf dem Künstliche Intelligenz keine Wurzeln schlagen kann.
Das Gespräch mit Merz – Hü oder Hot?
Was also wird das Treffen zwischen Huang und Merz bringen? Merz, ein Kanzler, der zwischen „hü“ und „hot“ schwankt, wie ein Pferdekutscher, der nicht weiß, welchen Zügel er zuerst ziehen soll, wird viel versprechen. Vielleicht Förderprogramme. Vielleicht Pilotprojekte. Aber was nützen Programme, wenn das gesellschaftliche Klima von Misstrauen und Denunziation durchsetzt ist? Wenn man neue Ideen sofort dem „Werteabgleich“ unterzieht, statt sie wachsen zu lassen?
Michael Mross verlangt Jockeys ohne Bleiplatten. In dieser bleischweren Atmosphäre wirkt das Interview von Michael Mross wie ein Lichtschimmer. Er zeigt: Es gibt in Deutschland noch Akteure, die das Potenzial von KI verstehen, als Werkzeug für den Menschen, nicht als Bedrohung. Doch damit KI ihr volles Potenzial entfalten kann, braucht es Menschen, die ohne Angst denken dürfen. Jockeys, die keine Bleiplatten in den Taschen tragen, sondern Mut.
Das Pferd braucht keine Leine – es braucht Raum
Künstliche Intelligenz ist kein Dressurpferd. Sie ist ein Hengst, der läuft, wenn man ihn lässt. Länder wie China und USA haben die Pferderennbann längst geöffnet. Deutschland hingegen steht davor, mit Helm, Formular und Zweifeln. Wenn sich das nicht ändert, wird es weiter am Zaun stehen, während andere Trophäen einsammeln.
Ein Ausschnitt des Interviews von Michael Mross mit NVIDIA-Chef Jensen Huang ist auf dem MMnews-Telegram-Kanal zu sehen:
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