Trotz eines turbulenten Jahres 2025 für den Halbleitergiganten Nvidia scheint die Aktie an Schwung zu gewinnen. Könnte das wertvollste Unternehmen der Welt die Marke von 4 Billionen US-Dollar erreichen? Oder entsteht hier eine Value Trap?
NVIDIA (in Euro) 1 Jahr
Von Dmytro Spilka
Die Volatilität, die in diesem Jahr viele der „Magnificent Seven“-Aktien erschüttert hat – ausgelöst durch die Unsicherheit rund um Zölle unter Präsident Trump und den zunehmenden Wettbewerb aus China – führte dazu, dass Nvidia das erste Quartal 2024 mit einem Minus von fast 18 % beendete. Dennoch zeigte die Aktie Anfang Juni bereits wieder ein Wachstum seit Jahresbeginn.
Mit einer Marktkapitalisierung von über 3,5 Billionen US-Dollar könnte 2025 das Jahr sein, in dem Nvidia zur ersten 4-Billionen-Dollar-Aktie der Welt wird. Doch können Anleger auf ein anhaltendes Wachstum des Chip-Herstellers in den kommenden Monaten hoffen?
Nvidia ist heute eine Ausnahmeerscheinung an der Wall Street. Gestützt vom jüngsten KI-Boom wuchs NVDA um 945 % zwischen dem Start von OpenAIs ChatGPT am 30. November 2022 und Januar 2025.
Die Wachstumsrate der Aktie hat 99 % aller börsennotierten Unternehmen übertroffen, und ihre Dynamik lässt vermuten, dass das Unternehmen noch längst nicht ausgereift ist.
Doch 2025 bescherte Nvidia auch den bislang größten und anhaltendsten Einbruch seiner Börsenbewertung – ein Cocktail aus Wettbewerbsdruck und Handelsproblemen. Im Januar kam es zu einem beispiellosen Kursverlust von 600 Milliarden US-Dollar, ausgelöst durch das Auftauchen des quelloffenen KI-Modells DeepSeek aus China.
Was erwartet Nvidia also als Nächstes? Werfen wir einen genaueren Blick darauf, ob die Aktie nach den Markterschütterungen von 2025 ihren Schwung zurückgewinnen kann – oder ob sie weiter unter starkem Druck steht:
Fokus auf Innovation
Nvidias Innovationskraft ist ein entscheidender Treiber seines anhaltenden Wachstums. Noch im Mai stellte das Unternehmen den weltweit größten Quantenforschungsrechner vor: den ABCI-Q. Zudem zeigte die auf moderne KI-Plattformen ausgelegte Blackwell-Architektur eine überlegene Leistung bei den jüngsten MLPerf-Training-Benchmarks, die die Fähigkeiten von KI-Systemen bewerten.
„Aktuelle Fortschritte wie Durchbrüche bei generativen KI-Modellen und frühe AGI-Prototypen schaffen langfristiges Wachstumspotenzial für Marktführer wie Nvidia und Microsoft, aber auch für neue Akteure“, betont Maxim Manturov, Leiter der Investmentforschung bei Freedom24.
„Diese Innovationen versprechen Leistungsverbesserungen und neue Einnahmequellen, was Anleger trotz des allgemeinen Marktabschwungs – verursacht durch Zollpolitik und hohe Zinsen – bei der Stange hält.“
Chancen im Gewinnwachstum
Im Ergebnisbericht für das erste Quartal meldete Nvidia ein Umsatzwachstum von 69 % gegenüber dem Vorjahr auf 44,1 Milliarden US-Dollar – 810 Millionen über den Erwartungen. Der bereinigte Gewinn je Aktie (Non-GAAP EPS) lag bei 0,81 US-Dollar, sechs Cent über den Prognosen.
Besonders der Bereich Rechenzentren trug maßgeblich zum jüngsten Wachstum bei: Der Umsatz stieg hier um 73 % auf 39,1 Milliarden US-Dollar im Vergleich zum Vorjahr.
Laut der Gewinnprognose der Wall Street für das laufende Geschäftsjahr (Ende: 31. Januar 2026) wird ein EPS-Wachstum von 45 % auf 4,30 US-Dollar erwartet – ein deutliches Zeichen dafür, dass der Markt mit weiterem Wachstum und einer möglichen Überschreitung der 4-Billionen-Dollar-Grenze rechnet.
Sollte Nvidia seine Führungsposition im KI-Markt halten, ist ein weiteres Wachstum im Einklang mit dem gesamten KI-Sektor nicht unrealistisch. Dennoch stehen dem Tech-Giganten zahlreiche Herausforderungen bevor.
Value Trap?
Auf der Kehrseite der Medaille: Nvidia sah sich in den letzten Jahren nicht mit so vielen Herausforderungen konfrontiert wie im ersten Quartal 2025.
Das Erscheinen von DeepSeek erinnerte Anleger eindrucksvoll daran, dass Nvidias dominante Marktstellung nur so lange Bestand hat, wie keine ernstzunehmende Konkurrenz auftaucht.
Laut Investor Johnny Zhang könnten auch Trumps neue Zölle die Aktie in der zweiten Jahreshälfte 2025 stärker belasten.
Zhang meint, dass die jüngste Kurserholung seit Trumps Gegenzoll-Ankündigung im April womöglich nicht nachhaltig ist – solange keine klarere Perspektive für die Handelsbeziehungen mit China, einem Schlüsselmarkt für Nvidia, besteht.
Obwohl diese Faktoren nicht zwangsläufig Nvidias Untergang bedeuten, weist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 46 darauf hin, dass Rückschläge von den Märkten deutlich gespürt würden.
In ein Unternehmen zu investieren, das mit dem 46-fachen seiner Gewinne gehandelt wird, ist eine Wette auf weiteres Wachstum. Zwar deuten Innovationen und Wall-Street-Prognosen auf weiteres Gewinnwachstum hin, doch jede Bedrohung für Nvidias Marktdominanz könnte den Aktienkurs empfindlich treffen.
In diesem Zusammenhang könnte Nvidia für manche Anleger wie eine Value Trap wirken – insbesondere, wenn die KI-Euphorie bei US-Unternehmen künftig nachlässt.
Ein Jahr der Entscheidung
Da Trumps Aufschub der Gegenzölle im Juli ausläuft, könnte 2025 entscheidend dafür sein, ob Nvidia die Marke von 4 Billionen US-Dollar überschreiten – und dort bleiben – kann.
Zweifellos bleibt der Halbleiterführer eines der innovativsten Unternehmen der USA. Doch externe Bedrohungen könnten die Wachstumsaussichten der Aktie in den kommenden Monaten untergraben.
Für Anleger ist es daher ratsam, einen vorsichtig optimistischen Blick auf NVDA zu behalten – und aufmerksam auf Anzeichen von Schwächen in der Marktdominanz dieses Tech-Giganten zu achten.