Im Jahr 2000 kam es zum größten Börsen-Crash der Nachkriegsgeschichte. Die sogenannte Dotcom-Blase platzte. Zuvor wurden entsprechende Aktien nach oben getrieben. Droht das gleiche bei KI?
Von Meinrad Müller
Zwischen 1995 und März 2000 stieg der Nasdaq-Index von 1000 auf 5000, danach verlor er bis 2002 rund 78 Prozent. Startups ohne nennenswerte Einnahmen wurden aus purer Gier zu Milliardenwerten hochgezählt. Das Internet war für viele Neuland. Die Hoffnung auf Gewinne durch die neue Technologie regierte.
Doch jetzt, nach 25 Jahren, hat sich das Internet als unverzichtbares Werkzeug etabliert. Dank besserer Technologie konnte auch die Künstliche Intelligenz entwickelt werden. Dies führte dazu, dass ein jeder heute diese Industrietechnik selbst nutzen und sein persönliches Potenzial vervielfachen kann. Allein ChatGPT hat monatlich 700 Millionen Stammkunden. Weitsichtige Anleger investierten bereits 950 Milliarden Dollar in KI. Investoren von heute sind dank Internet weitaus besser informiert als noch 2000.
Reale Kunden, reale Umsätze
Vor zehn Jahren in einer kalifornischen Garage gestartet, wird OpenAI (ChatGPT) mit etwa 300 Milliarden Dollar bewertet. Man peilt für 2025 lediglich rund 20 Milliarden Dollar Jahresumsatz an. Volkswagen kommt zum Vergleich auf einen Börsenwert von nur 60 Milliarden Dollar. Nvidia, der KI-Chiphersteller, hat die Marke von vier Billionen Dollar Börsenwert überschritten. Der reale Wert basiert auf Rechenleistung und rapide zunehmenden Kundenzahlen, nicht auf Klicks und Bannern wie im Jahr 2000.
Die KI-Nutzung steht erst am Anfang
Heute stammt die intensive KI-Nutzung vor allem von frühen Anwendern. Wenn die breite Masse die Nützlichkeit erkennt, vervielfacht sich das Nutzervolumen, damit auch der Stromverbrauch. Firmenbewertungen erhalten demzufolge weiteren Rückenwind. KI ist keine Mode, sie wirkt wie eine neue Dampfmaschine im Jahre 1720. Sie konnte in vielen Bereichen universell eingesetzt werden — genau wie heute die KI in Medizin, Rechts- und Steuerberatung, Konstruktion sowie Ausbildung eingesetzt wird. KI schafft einen Markt, der erst angekratzt ist. Viele Jobs werden verschwinden, neue werden entstehen. Die Klugen werden klüger, die anderen bleiben Zaungäste.
Deutschland droht der Anschlussverlust
Standorte folgen den Energiekosten, wie die Löwen den Zebraherden. Industriestrom ist in Deutschland bis zu fünfmal so teuer wie in den USA. Wer Megawatt dauerhaft benötigt, investiert dort, wo Strompreise günstig sind. Das verlagert Rechenzentren, Aufträge und Wertschöpfung. Die Rendite wohnt dort, wo die Kilowattpreise zum Geschäftsmodell passen. Internetnutzung darf nicht von Wind und Sonnenschein abhängig sein.
Günstiger Strom, Quelle des Wohlstands
Google beteiligte sich bereits an Atomkraftwerken, Microsoft ebenso, langfristig und nahe an ihren Rechenzentren, um den eigenen Strombedarf zu sichern. Man könnte sagen: Wer den Strom besitzt, dem gehört der Acker, auf dem KI für ihre Kunden nach „Gold“ schürft und Milliarden verdient.
Rechenzentren sind die Schächte, GPUs die Bagger, Daten der Erzgang. Beim Goldrausch verdienten am schnellsten die Verkäufer von Hacken und Schaufeln. Heute heißen diese Hacken: Chips, Speicher, Netze und verlässliche Stromgrundlast. Wer an dieser Kette beteiligt ist, verdient zuerst.
Solange die menschliche Intelligenz so schwach, wankelmütig und anfällig ist, was sich insbesondere in der Politik zeigt, kann man geradezu froh sein, dass diese technische Kunst entwickelt wurde.



