Laut Bank Of International Settlement (BIS) schlummern in den Bankbilanzen derzeit inoffizielle (OTC) Derivate-Positionen in Höhe von 639 Billionen (US=Trillions) Dollar. Billionen, Billiarden oder Trillionen - wer zählt noch die Nullen?
von Artur P. Schmidt
Die Zahlen sind offiziell und sie wurden von der "Zentralbank der Zentralbanken" veröffentlicht, der BIS (Bank of International Settlement, Basel): 639 Billionen OTC Derivate-Positionen schlummern per letztes Jahr in den Bank-Bilanzen. Ein globales Derivaten-Kartenhaus, das jederzeit einstürzen kann.
Unreguliert gezockt wird auf alles, was sich bewegt. Zinsen, Kredite, CDS, Währungen, Aktien, Volas, Aufstieg und Abstieg. Die Frage ist natürlich nur, ob die Marktteilnehmer noch ernsthaft daran glauben, ob im Krisenfall der Counterpart überhaupt noch in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
So hatte zu Beginn der Krise allein die US-Bank JPMorgan angeblich 90 Billionen Derivate in der Bilanz. Damit offenbart JPM besser als jedes andere Unternehmen das gigantische Schuldenbabylon, welches in den USA in den letzten Jahrzehnten aufgetürmt wurde. Es besitzt aktuell wahrscheinlich etwa 11 % des gesamten weltweiten Derivatevolumens. Da müsste die Fed schon ganz weit ausholen, um JPM zu retten. Ähnliches gilt natürlich auch für alle andere Banken - auch für die Deutsche Bank und die Commerzbank.
Die Situation am OTC-Derivate-Markt scheint außer Kontrolle zu laufen. So betonte unlängst Myron Scholes, der „Vater“ der Finanzderivate, der 1997 einen Wirtschaftsnobelpreis für seine Erfindung des Optionen-Modells erhalten hat, dass der Handel mit Derivaten und Credit Default Swaps jetzt so gefährlich außer Kontrolle geraten ist, dass die zuständigen Behörden diesen Markt „auffliegen“ lassen müssen. So wird von ihm nichts anderes verlangt, als den gesamten Handel mit außerbörslichen Derivaten (OTC-Handel) komplett einzustellen.
Fakt ist: die meist nicht-öffentlichen und unregulierten globalen Derivate-Positionen sind ein Risiko, dessen Auswirkungen auch von Experten kaum beachtet wird und mit der Zeit zwangsläufig zum einem nie dagewesen Crash führen wird. Ausgelöst werden könnte ein solcher Hypercrash durch die Billionen-Derivate-Zeitbombe, die nach wie vor in den Märkten tickt und die es in den letzten 20 Jahren Amerika erlaubte, auf Kosten aller anderer Nationen durch Schuldenmachen immer weiter zu wachsen.