Mobilfunker fürchten neue Milliarden-Auktion für Frequenzen. Die Bundesnetzagentur will spätestens im kommenden Jahr entscheiden, wie es danach weitergehen soll. „Wir wollen den Unternehmen genügend Zeit für die Netzplanung geben“.
Die Mobilfunker in Deutschland sind heillos zerstritten, wie es künftig mit ihren Funkfrequenzen weitergehen soll. Nun befürchten sie, dass sie erneut Milliardensummen für eine Versteigerung im kommenden Jahr aufbringen müssen. Das berichtet die Tageszeitung „Die Welt“ (13. Februar). Hintergrund: Ein großer Teil ihrer Lizenzen für die Nutzung der Funkwellen läuft bereits Ende 2016 aus.
Die Bundesnetzagentur will dem Bericht zufolge spätestens im kommenden Jahr entscheiden, wie es danach weitergehen soll. „Wir wollen den Unternehmen genügend Zeit für die Netzplanung geben“, zitiert die Zeitung die Netzagentur. Für die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und E-Plus eröffne sich damit ein Schreckensszenario: Mit großer Wahrscheinlichkeit werde der Regulierer die Frequenzen bereits im kommenden Jahr erneut versteigern wollen, heißt es in dem Bericht. Auf die Unternehmen könnten damit neue Milliardenlasten zukommen. „Für die Industrie wäre das eine enorme Herausforderung, weil sie schon jetzt mit der Aufrüstung der mobilen Datennetze teilweise an die Grenze ihrer finanziellen Möglichkeiten stößt“, sagt Roman Friedrich, Telekommunikationsexperte bei der Strategieberatung Booz & Company.
Betroffen von der Neuvergabe sind die Handy-Frequenzen, über die heute der größte Teil der mobilen Telefongespräche in Deutschland laufen. Diese Frequenzen sind in der Vergangenheit mit einer zeitlichen Beschränkung vergeben worden. Dabei handelt es sich um die Frequenzen, mit denen die Mobilfunker vor Jahren bereits ihre digitalen Funknetze für Sprachtelefonie aufgebaut haben. Ohne sie gäbe es in Deutschland kein flächendeckendes Handy-Netz. Obwohl die Mobilfunker vor zwei Jahren bereits neue Frequenzen - hauptsächlich für den Datentransport und die nächste Mobilfunkgeneration Long Term Evolution (LTE) - für mehr als vier Mrd. Euro ersteigert haben, ist jetzt schon absehbar, dass es nach 2016 ohne die alten Frequenzen nicht weitergehen kann.
Wie die „Welt“ berichtet, befinden sich die Netzbetreiber in einem Dilemma, weil sie auf die Frequenzen schlichtweg nicht verzichten können. Wie unterschiedlich die Meinungen der Mobilfunker sind, zeigt sich bereits an ihren Stellungnahmen, mit denen sie auf eine Bedarfsabfrage der Bundesnetzagentur reagiert haben, und aus denen die Zeitung zitiert. Vodafone wünsche sich demnach eine Verlängerung ohne Versteigerung. Eine reine Verlängerung würde zu keiner Wettbewerbsverzerrung führen, heißt es bei Vodafone. Man benötige die Frequenzen auch nach 2016 unbedingt, weil über sie auch Kommunikationsdienste laufen, die zwischen Maschinen geschaltet werden, in denen Handy-Karten fest eingebaut sind. Diese Maschinen hätten eine lange Lebensdauer, ein Frequenzwechsel sei daher schwierig.
Auch die Deutsche Telekom sieht keine Notwendigkeit für eine Versteigerung und fordert den Angaben zufolge gleich eine Verlängerung um 15 bis 20 Jahre. Außerdem sehe man grundsätzlich keinen Bedarf für die Öffnung des Verfahrens über den Kreis der bisherigen Mobilfunknetzbetreiber hinaus. Ginge es nach der Telekom, sollen Neueinsteiger in den Markt außen vor bleiben. Zwar gehen auch Experten nicht davon aus, dass ein Unternehmen in Deutschland ein fünftes Mobilfunknetz aufbauen würde, heißt es in dem Bericht. Doch das Beispiel des Anbieters „Free“ in Frankreich, wo gerade dies geschehen ist, lasse die Mobilfunker auch hierzulande zusammenzucken. Free unterbietet die etablierten Handy-Konkurrenten in Frankreich mit seinen Tarifen um zwei Drittel. „Den Wettbewerbern steht dort der Schweiß auf der Stirn“, zitiert die „Welt“ einen Unternehmensberater.
E-Plus zeigt sich in seiner Stellungnahme mit Status quo weniger zufrieden. Der Netzbetreiber ist bei den langwelligen Frequenzen der vergangenen Versteigerung leer ausgegangen und verzichtet als einziger Netzbetreiber auf die Aufrüstung des Handy-Netzes für die nächste schnellere Mobilfunkgeneration. Zwar ist auch E-Plus gegen eine Versteigerung, wünscht sich aber zusätzliches Spektrum und eine „kleine Frequenzumverteilung“. Im Tausch gegen einige kurzwellige Frequenzen will der Mobilfunker auf Kosten von Telekom und Vodafone langwellige Frequenzen erhalten. Der Vorteil dieser langwelligen Frequenzen liegt darin, dass mit wenigen Funkantennen eine größere Fläche abgedeckt werden kann, was den Netzausbau billiger macht. Daher haben die langwelligen Frequenzen bei der jüngsten Versteigerung auch die mit Abstand höchsten Summen erzielt.
Telefónica hingegen halte eine Vergabe im kommenden Jahr grundsätzlich für verfrüht. „Es wäre besser erst in zwei Jahren zu entscheiden, weil wir dann wissen, wie der nächste Mobilfunkstandard LTE überhaupt angenommen wird“, sagt Markus Haas, Regulierungschef bei Telefónica in Deutschland, der Zeitung. Die Tochter des spanischen Telefónica-Konzerns plädiert grundsätzlich für eine Harmonisierung der Laufzeiten, so dass sie zusammen mit den im Jahr 2000 versteigerten UMTS-Frequenzen bis 2020 gültig seien. „Dann wissen wir auch, ob und welche zusätzlichen Rundfunkfrequenzen wir noch bekommen“, sagt Haas.