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TTIP-Investorenschutz: Versicherung gegen das Risiko Demokratie

Was der TTIP-Investorenschutz letztlich für Menschen und Staat bedeuten kann, zeigt das Beispiel des bettelarmen Landes “El Salvador”, welches für Europa gut a...

Von Claudio Kummerfeld

Was der TTIP-Investorenschutz letztlich für Menschen und Staat bedeuten kann, zeigt das Beispiel des bettelarmen Landes “El Salvador”, welches für Europa gut anwendbar ist. Letztlich geht es um eine Art Versicherung gegen das Risiko “Demokratie”…

Salvador Sanchez Ceren eine mögliche Vorschau auf TTIP
El Salvador´s Präsident Salvador Sanchez Ceren. Der Fall “El Salvador” mahnt zur Vorsicht bei TTIP.
Foto: U.S. Department of State / Gemeinfrei

Demokratie

Es geht um die Frage, was die Demokratie (später auch bei TTIP) noch wert ist, was es noch nützt, wenn Bürger ihre Repräsentanten wählen, deren erlassene Gesetze aber für Unternehmen keine Bedeutung haben.

2006 wiederrief das bettelarme mittelamerikanische Land El Salvador, das eine ziemlich kleine Landfläche hat, die Abbaurechte für eine Goldmine im Inneren des Landes. Die Verseuchung eines für das Land lebenswichtigen Flusses mit Zyanid und sonstigen hochgiftigen Substanzen durch die Goldmine war so schlimm, dass ein Großteil der Trinkwasserversorgung des Landes ernsthaft gefährdet war.

Eine Mehrheit der Bevölkerung sprach sich gegen die Mine aus und die Regierung verbot den Betrieb, weil ihr die Gesundheit der Bevölkerung wichtiger war. Der betreibende australisch-kanadische Bergbaukonzern “Pacific Rim” sah das nicht ein und klagt seit 2009 vor dem privaten Weltbank-Schiedsgericht “ICSID” auf Schadenersatz in Höhe von 315 Millionen US-Dollar. Nicht zu bezahlen für El Salvador, das Armenhaus Amerikas. Die Klage ist immer noch am Laufen, aber die Proteste dagegen nehmen stetig zu. Erst im März überreichten Protestler 174.000 Unterschriften an die Weltbank um ein Zeichen zu setzen, dass die Klage vor diesem Schiedsgericht eingestellt werden soll.

Hier stellt sich die Frage, ob es sich bei der Klagemöglichkeit vor den Schiedsgerichten nicht viel mehr um eine Art Paralleljustiz für Unternehmen handelt. Muss sich El Saldavor´s Präsident Ceren nicht veralbert vorkommen, wie im falschen Film, weil er ja nur im Sinne der Gesundheit seiner Bevölkerung gehandelt hat?

 

Unternehmen und Schiedsgerichte

Das Interessante bei Freihandelsabkommen und den privaten Schiedsgerichten ist: Klagen darf man als Unternehmen vor solchen “Gerichten” immer nur, wenn man als Unternehmen seinen Stammsitz nicht in dem Land hat, das man verklagt. Es kann also nur ein ausländisches Unternehmen gegen einen Staat klagen. Der US-Bundesstaat New York z.B. hatte die Ölfördermethode Fracking verboten.

US-Ölförderer können also New York gar nicht vor so einem Schiedsgericht verklagen, sondern müssten vor einem ordentlichen öffentlichen Gericht in New York selbst oder vor einem US-Bundesgericht klagen. Aus den selben Gründen wie in New York gab es aber direkt hinter der Grenze in Kanada Einschränkungen für Fracking-Unternehmen. Aufgrund des bestehende Freihandelsabkommens zwischen den USA und Kanada (NAFTA) hatten die US-Unternehmen aber die Möglichkeit zu klagen und nahmen diese natürlich sofort wahr.

So laufen derzeit Klagen gegen Kanada, weil kanadische Kommunen Fracking nicht unbegrenzt zulassen wollen. So benutzt z.B. die kanadische Firma “Lone Pine Resources” ihre US-Tochter dazu vor dem Schiedsgericht ICSID bei der Weltbank um 250 Millionen Dollar Schadenersatz gegen zu klagen, weil die kanadische Provinz Quebec das Fracking aus Umweltschutzgründen verboten hat.

 

TTIP

Die kulturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen zwischen USA und Kanada sind allein schon durch die geographische Nähe viel näher beieinander als zwischen den USA und Europa. Man könnte auch drastischer formulieren, dass die Unterschiede zwischen den USA und Europa bei den rechtlichen Rahmenbedingungen gigantisch sind, was bei TTIP zu einem realen Problem wird. Grundsätzlich gilt in den USA nämlich das Prinzip der “Nachsorge”.

Das heißt grundsätzlich ist dort erstmal alles erlaubt. Wenn später Probleme auftreten, muss ein Unternehmen evtl. kräftig Schadenersatz zahlen, aber der Umweltschaden ist erstmal da. In Europa gilt genau anders herum das Prinzip der “Vorsorge” – erstmal muss staatlich festgestellt werden, dass Risiken nicht vorhanden oder kalkulierbar sind.

Von daher darf sich niemand wundern, wenn gerade Öl- und Gasunternehmen, die in Nordamerika kaum oder gar keine Rücksicht auf Umweltschutz nehmen, europäische Länder massiv vor Schiedsgerichten verklagen werden, wenn diese Förderrechte z.B. für Öl (Fracking) einschränken. Das Beispiel El Salvador mahnt zur Vorsicht. Von dem “Alles wird gut”-Versprechen kann sich der europäische Steuerzahler nichts kaufen, wenn unter TTIP die ersten Klagewellen vor Schiedsgerichten eintrudeln.

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