Die EU-Bürokraten schlagen mal wieder zu: Der Rechtsausschuss des EU-Parlamentes diskutiert über eine Änderung der sogenannten "Panoramafreiheit". Das Fotografieren von öffentlichen Gebäuden und Kunstwerken könnte demnächst verboten werden. Die Veröffentlichung eines Selfies z.B. bei Facebook kann dann abgemahnt und damit teuer werden.
Fotos von interessanten Gebäuden und Monumenten könnten bald verboten werden - zumindest dann, wenn man sie irgendwie veröffentlicht. Das geht aus einem Änderungsvorschlag des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments zur Vereinheitlichung des Urheberrechts hervor.
Der Vorschlag des EU-Rechtsausschusse sieht vor, dass die Panoramafreiheit, die in einigen Ländern Europas existiert (auch in Deutschland), abgeschafft oder zumindest auf die nichtkommerzielle Nutzung eingeschränkt werden soll.
„Sollte dieser Vorschlag angenommen werden, könnte dies am Ende tatsächlich auch für Privatmenschen Einschnitte bei der Veröffentlichung von Fotos bedeuten“, sagt der Kölner Medienanwalt Solmecke.
„Allerdings sind gerade historische Gebäude wie zum Beispiel das Brandenburger Tor nicht von dieser Regelung betroffen. Vielmehr geht es ausschließlich um moderne Kunstwerke und architektonische Gebäude, bei denen der Urheber noch keine 70 Jahre verstorben ist“, erklärt Solmecke.
Verbot nur bei urheberrechtlich geschützten Gebäuden
Anders als viele Medien berichten, sind alte Gebäude also gerade nicht von den geplanten Regelungen betroffen. „Das macht die Vorschläge im Endergebnis aber nicht viel besser“, kritisiert Solmecke. „Für denjenigen, der ein Bild anfertigt und dieses zum Beispiel bei Facebook hochlädt, würde das bedeuten, dass er zunächst prüfen muss ob das Gebäude überhaupt kreativ gestaltet worden ist und urheberrechtlichen Schutz genießt. Anschließend müsste der Fotograf noch nachforschen, ob der Urheber schon über 70 Jahre verstorben ist“.
In vielen Ländern ist Panoramafreiheit bereits eingeschränkt
Bereits heute sollten sich Fotografen bewusst sein, dass es die Panoramafreiheit in etlichen Ländern schon jetzt nicht gibt. So ist zum Beispiel in Belgien die kommerzielle Verwertung von Bildern des Atomiums verboten. In Dänemark ist das Anfertigen und Veröffentlichen von Bildern der Meerjungfrau in Kopenhagen für die Veröffentlichung im kommerziellen Kontext nicht erlaubt.
Entscheidend ist die Art der Nutzung
Der Knackpunkt ist daher häufig schon heute die Frage, ob eine kommerzielle Verwertung erfolgt oder nicht. Nutzer, die die Bilder nur bei Facebook hochladen, gehen dabei irrtümlicherweise von einer privaten Nutzung aus. Tatsächlich räumen sämtliche Facebook Nutzer über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Dienst jedoch gewerbliche Rechte an den Bildern ein und nehmen damit selbst eine kommerzielle Nutzung vor. Zwar gibt es in den Ländern, in denen es keine Panoramafreiheit gibt, noch keinerlei Abmahnungen gegen Facebook Nutzer – das Abmahn-Phänomen gilt eher als typisch deutsch. Hierzulande könnte die Einschränkung oder Abschaffung der Panoramafreiheit jedoch einschneidende Konsequenzen haben.
In Deutschland gilt Verbot nur bei temporären Kunstwerken
Nach derzeitiger Rechtslage ist in Deutschland die Veröffentlichung von Bildern von dauerhaft bestehenden Gebäuden und Kunstwerken im öffentlichen Raum erlaubt. Bilder, die im Rahmen der Panoramafreiheit hergestellt wurden, dürfen auch für kommerzielle Zwecke (Reiseführer, Blogs) verwendet werden. Ein Verbot besteht lediglich bei temporären Kunstwerken wie es der von Christo verhüllte Reichstag war.
44.518 Menschen haben bereits eine Petition gegen den Vorschlag des Rechtsausschusses unterschrieben. Am 9. Juli 2015 wissen wir mehr. Dann entscheidet das Plenum des EU-Parlaments über den Vorschlag.