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China: Das Ende des Wachstums?

China gerät in die Gefahr, von steigenden Inflationsraten und einer immer flacher werdenden Zinsstruktur in die Zange genommen zu werden. Steigende Preise reduzieren das reale BIP-Wachstum. Weder eine Markt- noch eine Planwirtschaft konnte bisher derartige Gesetzmäßigkeiten ausschalten.

 

von Robert Rethfeld

Europa und die USA wetteifern um den Titel „Hauptgefährder der Weltwirtschaft“. Europa hat bisher keine Antwort auf die Schuldenkrise gefunden. Die europäische Bankenlandschaft steht vor massiven Problemen. Eine gefühlte Rezession beherrscht die USA. Die gefühlte Rezession schickt sich an, in eine offizielle Rezession umzuschlagen. Auch hier scheinen die Banken den Abschreibungsbedarf nicht in vollem Maße gekennzeichnet zu haben.

 

Auf dem ersten Blick  erscheint das Ansinnen schizophren, China mit in den Kreis der „Gefährder der Weltwirtschaft“ aufnehmen zu wollen. Immerhin verfügt das Land über Devisenreserven von drei Billionen US-Dollar. Zudem gilt: Seitdem der wirtschaftliche Öffnungsprozess Chinas im Jahr 1978 begann, liegt das durchschnittliche jährliche reale BIP-Wachstum bei etwa 8 Prozent. Werte unter 5 Prozent wurden lediglich 1989 und 1990 notiert.

 

In dieser Serie liegt bereits der erste Stolperstein. Nach mehr als 30 Jahren kontinuierlichem Wachstums steigt statistisch die Wahrscheinlichkeit für Rückschläge.

 

Ein zweiter Punkt betrifft die chinesische Zinsstruktur. Eine inverse Zinsstruktur zeigte in der Vergangenheit für die USA, aber auch für andere Staaten eine Rezession an. Da die 10jährigen chinesischen Staatsanleihen bei 4,09% liegen, die 2jährigen inzwischen auf 3,88% gestiegen sind, beträgt die Differenz zugunsten des langen Endes lediglich noch 0,20 Prozentpunkte (nächster Chart).

 

 

 

Stiege der Zinssatz 2jähriger chinesischer Staatsanleihen über die Rendite 10jähriger chinesischer Staatsanleihen, so läge eine inverse Zinsstruktur vor (die blaue Null-Linie auf dem obigen Chart wäre unterschritten). Eine Rezession würde angezeigt werden. In China wird – im Gegensatz zu den USA - keine Nullzinspolitik gefahren. Deshalb dürfte die Zinsstrukturkurve als Vorhersageinstrument funktionieren.

 

Der dritte Stolperstein ist die hohe Inflationsrate. Für den Juli 2011 wurde ein offizieller Wert von 6,5 Prozent ausgewiesen. Das entspricht einem ein Drei-Jahres-Hoch. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen sogar um 14,8% gegenüber dem Vorjahresmonat.

 

Stellvertretend für den Anstieg der Nahrungsmittelpreise lässt sich die Entwicklung des Reispreises (US-Future) aufzeigen.

 

 

 

Zwar liegt das Hoch von 2008 noch nicht in greifbarer Nähe, aber der Anstieg scheint sich zu beschleunigen. Auch die Preise für Getreidesorten wie Weizen, Mais oder Sojabohnen zeigen ebenfalls einen Aufwärtstrend.

 

Und viertens zeigt der chinesische Leitindex Shanghai Composite Index nach dem „Bull Run“ von 2005 bis 2007 längerfristige Verdauungsprobleme an. Das aktuelle Verlaufshoch stammt aus dem Jahr 2009. Zudem wurde eine wichtige charttechnische Aufwärtstrendlinie (blau) nach unten durchbrochen.

 

 

Fazit: China gerät in die Gefahr, von steigenden Inflationsraten und einer immer flacher werdenden Zinsstruktur in die Zange genommen zu werden. Steigende Preise reduzieren das reale BIP-Wachstum. Weder eine Markt- noch eine Planwirtschaft konnte bisher derartige Gesetzmäßigkeiten ausschalten. Der chinesische Leitaktienindex deutet ebenfalls schwierige Zeiten für China an und bestätigt das gezeichnete Bild. Eine Wachstumsverlangsamung bzw. –unterbrechung wäre nach einer derart langen Wachstumsphase nur natürlich. Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.

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