Bundeswehr greift in Cyberkrieg ein. Neue Hackertruppe für virtuelle Kampfeinsätze einsatzbereit. Sie ist nach jahrelanger virtueller Aufrüstung inzwischen zu Angriffen auf Computernetze und Server in der Lage. Rechtsgrundlage ungeklärt.
Die Bundeswehr ist nach jahrelanger virtueller Aufrüstung inzwischen zu Angriffen auf Computernetze und Server in der Lage. Die Streitkräfte hätten eine „Anfangsbefähigung“ für Attacken in „gegnerischen Netzen“ erreicht, heißt es in Unterlagen des Verteidigungsministeriums für den Bundestag, die der Financial Times Deutschland (Dienstagausgabe) vorliegen.
Nach Angaben des Ministeriums ist die neue Einheit für Computernetzwerkoperationen, die beim Kommando Strategische Aufklärung in Gelsdorf bei Bonn angesiedelt ist, seit Ende 2011 einsatzfähig. Die Bundeswehr müsse im Rahmen ihres verfassungsrechtlichen Auftrags auch im Cyberraum operieren können, sagte ein Ministeriumssprecher. Ziel sei es, diese Fähigkeit ständig weiterzuentwickeln.
Bislang hatte die Bundesregierung bei der Cybersicherheit vor allem die Bedeutung der Abwehr gegnerischer Angriffe betont. Dennoch läuft der Aufbau einer Hackereinheit bei der Bundeswehr bereits seit 2006. Ursprünglich war geplant gewesen, dass die Truppe 2010 funktionsfähig sein soll. Zu einem großen Teil besteht die Einheit aus Informatikexperten der Bundeswehruniversitäten. Bislang seien die Spezialisten noch nicht eingesetzt worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Die deutschen Militärstrategen gehen davon aus, dass die Bundeswehr einen Angriff mit digitalen Waffen nicht isoliert führt, sondern eingebettet in „abgestimmte Maßnahmen“ – also flankierend zum Gebrauch konventioneller Waffen. Noch ungeklärt ist allerdings die rechtliche Grundlage. So ist offen, wie sich Einsätze mit deutschem Recht oder internationalen Abkommen gegen Computerkriminalität vereinbaren lassen. „Sollten Computernetzwerkoperationen im Ausland durch die Bundeswehr konkret geplant werden, so würden die für den Einzelfall erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen und Grundlagen geprüft werden“, heißt es im Ministerium.
Strittig ist etwa die Frage, ob für Angriffe auf gegnerische Netze der Parlamentsvorbehalt gilt. „Wenn es sich um militärische Anwendungen handelt, brauchen wir die gleiche Legitimation wie für den Einsatz von Soldaten“, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels.