Der estnische Finanzminister Jürgen Ligi kritisiert, das deutsche Verfassungsgericht „verzögere“ die Betriebsaufnahme der ESM-Mega-Bank. Damit würden Regierungen und Parlamente, die auf den ESM warten, lächerlich gemacht.
Estlands Finanzminister Jürgen Ligi hat in ungewöhnlich scharfer Form die langsame Prüfung des permanenten Rettungsschirms ESM durch das deutsche Bundesverfassungsgericht kritisiert. „Es ist kein gutes Zeichen, wenn das Bundesverfassungsgericht Europa die Geschwindigkeit diktiert“, sagte Ligi im Interview mit der WirtschaftsWoche. Er kann nicht nachvollziehen, dass Karlsruhe erst Mitte September entscheiden wird: . „Ich weiß nicht, was das Bundesverfassungsgericht bisher gemacht hat. Die Informationen sind schon lange auf dem Tisch." Nach Ligis Einschätzung kann sich die Euro-Zone eine derart lange Wartezeit nicht erlauben. „Europa wartet auf eine Entscheidung“, sagt der estnische Finanzminister. „Die Regierung und die Parlamente machen sich lächerlich, wenn das Bundesverfassungsgericht den Prozess nun verzögert und Unsicherheit über das Ergebnis entstehen lässt.“
von Rolf von Hohenhau, Bund der Steuerzahler in Bayern e.V.
Lieber Herr Finanzminister Ligi:
1. Bei den anstehenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes geht es nicht darum, „wann“ die ESM-Mega-Bank ihren Betrieb aufnehmen kann, sondern ganz generell darum, „ob“ sie überhaupt installiert werden darf. Sie wissen das natürlich ganz genau und wollen diesen Fakt vernebeln und verwässern um die Entscheidung des Gerichtes zu beeinflussen. Die „Wirtschaftswoche“ unterstützt diese Strategie durch Veröffentlichung Ihrer Äußerungen, was festzuhalten bleibt.
2. Das Bundesverfassungsgericht ist letztendlich eine demokratische Einrichtung zum Schutz des Bürgerwillens und kein Gremium, das automatisch Regierungs- und Parlamentsentscheidungen die Absolution zu erteilen hat. Uns scheint, werter Herr Finanzminister Ligi, Sie haben schwerwiegende Probleme mit demokratischen Einrichtungen. Recht steht grundsätzlich über finanziellen Notwendigkeiten, mögen diese noch so dringend sein! Gerade in finanziellen Notlagen darf niemals kopflos und nach rein finanziellen Überlegungen gehandelt werden, zumal wenn es überwiegend um fremde Probleme geht (der Euro-Südstaaten). Aber genau dies geschah in den letzten 4 Jahren durch die deutsche Regierung fortlaufend - ohne das Volk zu fragen! Lesen Sie hierzu die Stellungnahme des Ex-Verfassungsrichters Paul Kirchhof in FAZ 11.07.2012 („Wir spielen mit dem Feuer“).
3. Ihre Hoffnung in Ehren, wenn Sie ernsthaft meinen sollten, es würden in Zukunft bei Rettungspaketen an einzelne Staaten keine weiteren Zugeständnisse geben. Angesichts von dutzenden Verstößen gegen die finanziellen Auflagen des Vertrages von Maastricht (ohne dass jemals die vorgesehenen Sanktionen umgesetzt worden wären!) dürfte ihre Hoffnung allerdings, gelinde gesagt, etwas naiv sein. Verstöße gröbster Art sind inzwischen „rettungsimmanent“.
Die Rettungsmechanismen sind völlig aus dem Ruder gelaufen. Das wird sich mit dem unkontrollierbaren ESM potenzieren! Dafür garantieren die abstrusen Stimmrechtsverhältnisse innerhalb der Währungsunion und die Art und Weise, wie die Mitglieder des Euro-Syndikats inzwischen alle finanziellen Schaltstellen der Macht in der Eurounion besetzt haben.
4. Estland hat 1,3 Millionen Einwohner. Weniger als die Stadt München. Glauben Sie wirklich, dass ausgerechnet Sie berufen sind, dem deutschen Verfassungsgericht „Beine zu machen“? Bei uns in Deutschland sind 70 – 80% der erwachsenen Bevölkerung gegen die Fortsetzung der politisch und kaufmännisch völlig irrwitzigen Eurorettungsaktionen. Diese Bürger sprechen auch für ihre minderjährigen Kinder, für die die völlig unkontrollierbare ESM-Mega-Bank Armut und ewige Schuldsklaverei einführen würde.
Es sind also in Deutschland rund 60 Millionen Menschen gegen die Betriebsaufnahme der ESM-Bank. Können Sie uns bei dieser Sachlage erklären, weshalb Sie als ESM-Befürworter das Verfassungsgericht anmahnen, den Start des ESM nicht unnötig zu verzögern, denn „Europa warte auf eine („positive“, AdU.) Entscheidung“. Europa besteht aus der Gesamtheit der Bürger der einzelnen Staaten und nicht aus deren „Regierungen und Parlamenten“. Und ginge es allein danach, dann bräuchte sich das Verfassungsgericht überhaupt nicht mit der ESM-Bank befassen, denn diese wäre schon längst am ganz eindeutig ablehnenden Willen der Mehrzahl der deutschen Bürger gescheitert.
In dieser Sache putscht aber leider in Deutschland die eigenen Regierung gegen das Volk und das stört einige Millionen Deutsche (www.esm-vertrag.com . http://esm-vertrag.com), weshalb sie strikt gegen weitere Rettungsmaßnahmen und den ESM sind. Ob Ihnen das (als estnischem Finanzminister) gefällt oder nicht, interessiert uns ebenso wenig, wie Ihre letztlich unverschämte Äußerung, Sie wüssten nicht, was das Verfassungsgericht in dieser Sache bisher gemacht habe.
5. Kann es sein, Herr Finanzminister Ligi, dass es sich bei Ihren Äußerungen um Ihre persönliche Meinung handelt und Sie damit auch ganz persönliche Ziele verfolgen?
Immerhin werden Sie als Finanzminister (wie auch Herr Dr. Schäuble) einer der Gouverneure der ESM-Bank werden, deren (geheimes) Gehalt samt (geheimen) Zulagen und sonstigen Vergünstigung (wie etwa Steuerfreiheit) wohl insgesamt im zweistelligen Millionenbereich liegen dürfte.
Wir verstehen ja, dass das reizvoll ist und alle Euro-Finanzminister = die zukünftigen ESM-Bank-Gouverneure sehnlichst auf den Start des ESM warten. Aber müssen Sie dann gleich so dreist vorgehen und das deutsche Verfassungsgericht angreifen?
Auf gut deutsch: Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Dreck!