"Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden. Die Frage ist nur, ob die Krise früher, durch freiwillige Aufgabe der Kreditexpansion kommen soll oder später, zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems." (Ludwig von Mises).
von Carsten Englert
"Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden. Die Frage ist nur, ob die Krise früher, durch freiwillige Aufgabe der Kreditexpansion kommen soll oder später, zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems." (Ludwig von Mises, österreichischer Ökonom (1881-1973)). Dieses Zitat des bekannten österreichischen Ökonomen – das ich im Übrigen auf der Facebook-Seite des letzten Mohikaners im Kampf gegen italienische Verhältnisse in ganz Europa, Jens Weidmann, gefunden habe! – fasst prägnant und präzise das Dilemma zusammen, in dem die westliche Welt gerade steckt.
Weite Teile des Wirtschaftsbooms der vergangenen beiden Jahrzehnte wurden schlichtweg über Schulden finanziert. Das geschah gewünscht und bewusst, um die Wirtschaft in eine dynamischere Gangart zu bringen, als es noch zu Beginn der 1990er war. Das ist auch gelungen. Der Wohlstand ist weltweit in vielen Regionen – nicht nur in Industrieländern! – gestiegen, das BIP in den entwickelten Ländern hat sich von 1994 bis 2012 verdoppelt. Doch das Problem dabei: Während sich das BIP verdoppelt hat, haben sich die Schulden verdreifacht, wie das Diagramm sehr schön graphisch verdeutlicht!
Schulden rennen Einnahmen davon
BIP und Bruttoverschuldung der entwickelten Staaten, jeweils auf 1994 indexiert. Quelle: IWF, eigene Berechnungen
Analysiert man die Zahlen weiter, fällt einem relativ schnell auf, dass der Schuldenindex im Jahr 2003 dem BIP-Index beginnt davon zu laufen. Der Zusammenhang ist auch schnell gefunden. Im November 2011 hat die US-Notenbank Federal Reserve mit einer letzten Zinssenkung ein zu der Zeit historisches Tief beim Leitzins von 1,25 Prozent erreicht. Es war damals die erste Phase billigen Geldes, die helfen sollte die damalige Krise in Folge der geplatzten Internetblase zu heilen. Das gelang auch, das Bruttoinlandsprodukt fing an zu klettern. Doch eben auch die Verschuldung und zwar in einem höheren Tempo. 2009 entkoppelten sich die beiden Indizes noch deutlicher. Sie vermuten richtig, es war erneut die Zeit der laxen Geldpolitik, diesmal weltweit.
Politisch nicht gewollt
Man muss kein Ökonom sein, um zu erkennen, dass es nicht sehr lange funktionieren kann, wenn die Schulden stetig deutlich schneller wachsen als die Einnahmen! Früher oder später muss das zur Insolvenz führen, zumindest bei Privatmenschen. Privaten Haushalten bliebe nur die Möglichkeit, über ein sogenanntes Deleveraging die Schulden herunterzufahren. Das bedeutet in erster Linie: Konsumverzicht. Auch für den Staat wäre das die nachhaltigere Methode. Doch Konsumverzicht heißt in diesem Fall weniger Wirtschaftswachstum bis hin zur Rezession. Das ist politisch nicht gewollt, denn wer wird schon wiedergewählt, wenn er den Leuten sagt, dass sie jetzt erst mal um ihre Jobs fürchten und den Gürtel enger schnallen müssen.
Dabei ist diese Angst vor Rezessionen auch noch aus einem anderen Grund fatal. Ein anderer bekannter Ökonom, Nikolai Kondratieff, hat in seiner Zyklustheorie nachvollziehbar begründet, warum Rezessionen zum Zyklus dazugehören und wichtig sind: Nur in Rezessionsphasen machen Volkswirtschaften Innovationssprünge. Denn dann sind die Unternehmen gezwungen, effizienter zu produzieren, wenn sie nicht untergehen möchten. Das erhöht den Innovationsdruck. In einer boomenden Wirtschaft kümmern sich alle Unternehmen nur um Wachstum und Gewinn abschöpfen.
Der Staat hat einen (fatalen) Plan B
Im Gegensatz zum privaten Haushalt hat der Staat jedoch neben Deleveraging noch die Möglichkeit, die Schuldenserie immer weiter zu führen, indem er einfach Geld dafür drucken lässt. Genau das hat die Europäische Zentralbank nun auch begonnen und beschreitet damit den amerikanischen Weg. Die Krux, je länger man das nötige Deleveraging herauszögert, desto heftiger wird der Zusammenbruch werden.
Und zieht man es sogar bis zum bitteren Ende durch, so wie es Ludwig von Mises andeutet, wird der Ökonom Recht behalten und es wird zu einem stetigen Vertrauensverlust in die Währung kommen, der in einem heftigen Zusammenbruch des Währungssystems mit all seinen Konsequenzen kumuliert. Politisch wie ökonomisch! Die Zeiten des Wohlstands und des Friedens, befürchte ich, werden dann in Europa erst einmal ein Fall für die Geschichtsbücher sein.