In Deutschland werden jedes Jahr rund 60 Milliarden Euro vererbt. Eine gewaltige Summe, doch wer Pech und keinen Erblasser in der Verwandtschaft hat, könnte sich fragen, ob man nicht dennoch ein wenig nachhelfen könnte.
Von Meinrad Müller
So entstand die Überlegung, viele Erbschaftsvereine zu gründen, als eine Bürgeridee. Während in Berlin mit Milliarden jongliert wird und die Renten doch kaum zum ordentlichen Leben reichen, muss dringend eine Lösung gefunden werden. Die privaten Überlegungen sind logisch und würden selbst bei den Neidparteien nicht auf Widerspruch stoßen.
Ein reicher Onkel aus Amerika ist selten
Manche haben wirklich einen, die meisten nicht. Und so entsteht die Frage, ob man sich gemeinsam mit anderen Menschen so etwas Ähnliches wie einen Erbonkel konstruieren könnte.
Wie der Erbschaftsverein aussehen könnte
Jeder Verein bestünde aus genau 100 Mitgliedern. Alle etwa gleich alt, zum Beispiel Männer zwischen 50 und 54. Andere Altersgruppen würden einfach ihren eigenen Verein gründen. Auch gleiches Geschlecht, weil Männer und Frauen statistisch unterschiedlich lange leben. Zur Gründung genügten sieben Personen. Der Vorstand arbeitete ehrenamtlich, und der Monatsbeitrag wäre nur ein einziger Euro. Der Name könnte lauten, etwa Erbschaftsverein Berlin-Tegel 1.
Und so wird die Vereinskasse gefüllt
Jedes Mitglied würde eine Risikolebensversicherung über 100.000 Euro abschließen. Im Todesfall erhielte der Erbschaftsverein die Summe ausbezahlt. Ein 50-jähriger Nichtraucher zahlt heute bei vielen Gesellschaften zwischen 40 und 60 Euro monatlich. Die Versicherung würde bis zum 85. Lebensjahr laufen.
Jeder, der Mitglied werden möchte, ginge zunächst zur Versicherung seines Vertrauens. Üblich ist, dass man bei einer Risikolebensversicherung angeben kann, wer das Geld erhält, wenn man selbst das Zeitliche segnet. In diesem Gedankenspiel würde vereinbart werden, dass ein bestimmter Notar diese Versicherungssummen für den Erbschaftsverein entgegennimmt. Nicht der Vorstand, nur der Notar. Er erhält die Auszahlungen der verschiedenen Versicherungen auf sein Treuhandkonto.
Das erste Weihnachtsgeld
Kurz vor Weihnachten würde der Notar zur ersten Mitgliederversammlung einladen. Nehmen wir an, 98 Mitglieder könnten erscheinen, denn zwei wären verstorben. Beide Versicherungen hätten je 100.000 Euro auf das Treuhandkonto des Notars überwiesen. Es lägen also 200.000 Euro im großen Topf. Der Herr Notar verteilt das Fell des Bären. 200.000 Euro geteilt durch 98 Überlebende macht 2.040,81 Euro pro Kopf. Ein kleines Weihnachtsgeld, das für ein freundliches Grinsen sorgt.
Im zweiten Jahr
Der Notar meldet sich wieder. Drei Todesfälle. Die Versicherungen haben insgesamt 300.000 Euro überwiesen. Nun liegen 300.000 Euro zur Verteilung an die restlichen Mitglieder bereit. 300.000 geteilt durch 95 Überlebende ergibt 3.157,89 Euro pro Nase. Und so steigert sich das Jahr für Jahr. Das Risiko beim Lotto ist zigfach größer, dort verliert man Woche für Woche seinen Einsatz. Hier steigt die Quote dadurch, dass man älter wird und einfach nicht stirbt.
Familie zuerst
Wer Familie hat, sollte zuerst eine Risikolebensversicherung abschließen, zum Beispiel für den Hauskredit. Wenn das erledigt ist, kann man über einen Erbschaftsverein nachdenken.
Mit Salat und Müsli zu mehr Auszahlungsversammlungen
Je länger man lebte, desto öfter lädt der Notar ein. Ein Leben mit weniger Zigaretten, mehr Bewegung, Salat und Müsli erhöht die Anzahl der Teilnahmen an diesen Versammlungen deutlich. Und man will ja regelmäßig eingeladen werden.
Das große Finale nach drei Jahrzehnten
Nach vielen Jahren könnte der Notar zur vorletzten Sitzung laden. Vielleicht leben dann nur noch zwei Mitglieder. Zwölf sind im letzten Jahr verstorben. Das bedeutete 1,2 Millionen Euro. Durch zwei geteilt: 600.000 Euro pro Person. Fast schon ein kleiner Lottogewinn.
Wer gesund lebt und an 30 Auszahlungsversammlungen teilnimmt, erhält im Durchschnitt rund 25.000 Euro pro Sitzung, also etwa 750.000 Euro insgesamt. Diese Zahlen sind theoretisch, weil Prognosen, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, schwierig sind.
Der Mörder ist immer der Gärtner
Wer meint, durch Gewalt die Mitgliederzahl reduzieren zu können, landet dort, wo es kein WLAN gibt. Und es brächte auch kaum etwas.
Realitäts-Check
Natürlich ist das alles nur ein Gedankenspiel. Eine Küchenidee, kein Geschäftsmodell. Vater Staat würde so ein Konstrukt wahrscheinlich schnell verbieten oder mit so viel Bürokratie beschweren, dass am Ende nichts übrig bleibt. Aber träumen ist erlaubt. Und manchmal entstehen aus Träumen die charmantesten Ideen. Man könne zum Beispiel auch Abgeordneter werden, um eine traumhafte Pension zu erzielen.
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