Angela gegen den Rest der Welt: Mit ihrer Aussage "Keine Eurobonds solange ich lebe" gefährdet die Kanzlerin akut ihre Existenz. Denn Großkapital und Finanzmärkte, sowie Resteuropa und die USA wollen die Gemeinschaftshaftung um jeden Preis erzwingen. Bricht das Finanzsystem ohne Eurobonds? Oder tritt die Kanzlerin vorzeitig ab? Gefährdet sie gar ihr Leben mit dieser Aussage?
von Artur P. Schmidt - ein vehementer Befürworter von Eurobonds
„Nicht zu meinen Lebzeiten“
Mit ihrer Aussage, dass es zu ihren Lebzeiten keine Eurobonds geben wird hat Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich gemacht, dass Sie sich endgültig in Ihrem Bundeskanzleramtsbunker eingegraben hat. Frau Merkel ist aktuell 57 Jahre alt, d.h. wenn man von einem hohen Lebensalter von ca. 87 Jahren ausgehen würde, dass es in den nächsten 30 Jahren keine Eurobonds gäbe. Dieses Statement ist mehr als fragwürdig, da ihre Amtszeit spätestens in 1,5 Jahren, wahrscheinlich jedoch schon früher, enden wird.
Ich denke, man muss diese Aussage als Verzweiflungsakt werten, da Sie sich mit Ihrer Ablehnung von Eurobonds derart verrannt hat, dass sie wenn sie jetzt zustimmen würde, ihr Gesicht verlöre. Doch befassen wir uns auch mit den geschichtlichen Realitäten einer antieuropäischen Hegemonialpolitik.
Nachdem auch Spanien nun offiziell um Hilfen für seine Banken gebeten hat und in Italien die drittgrößte Bank Staatshilfen benötigt, sollte auch Frau Merkel langsam klar werden, was die Stunde geschlagen hat und dass Sie sich mit ihren Positionen vollkommen verrannt hat, da sie auf die falschen Berater hört. Es sind die Berater mit einer Geisteshaltung, die schon in der Vergangenheit mit deutscher Großmannssucht anstatt mit Wohlwollen gegenüber den europäischen Nachbarn geglänzt haben.
Es scheint momentan niemanden der Hardliner in der Bundesregierung zu interessieren, dass Deutschland als Exportland einer der größten Profiteure der europäischen Binnenintegration ist und auch bleiben wird. Europäisches Wachstum bedeutet vor allem auch Wohlstand für die Bundesrepublik Deutschland.
Die Antieuropapolitik beenden
Auf was es jetzt ankommt, ist es, Eurobonds einzuführen, um die Kosten für angeschlagene Länder zu senken. Die Austeritaetspolitik Merkels ist nichts anderes als ein postmoderner Finanzfaschismus. Merkel verkennt mit Ihrer Sparpolitik, dass man Geldscheine nicht essen kann, sondern dass diese eine Umlaufgeschwindigkeit benötigen, damit die Wirtschaft brummt.
Eine rigorose Sparpolitik reduziert die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und führt im Rahmen einer Todesspirale in eine deflationäre Depression. Merkel muss deshalb ihre europäische Blockadepolitik beenden. Gelingt dies nicht, ist die Opposition gefordert Sie durch ein Misstrauensvotum zu stürzen. Mit ihrer Aussage, dass es solange sie lebt, keine Vergemeinschaftung von Schulden geben wird, hat Sie vor dem EU-Gipfel eine Art finanzpolitischer Kriegserklärung an den Rest von Europa herausgeben.
Wenn Merkel meint, das am deutschen Finanzwesen Europa genesen muss, so ist dies eine auf Zerstörung und Untergang ausgerichtete Politik statt eine die auf Investitionen und Wiederaufbau der Wirtschaft setzt. Merkel steht hier in einer Tradition antieuropaeischer Politik, die mit Kaiser Wilhelm II ihren Anfang nahm und nach dem unsäglichen Reichskanzler Bruening den Weg zu Adolf Hitler ebnete.
Unsoziale Europapolitik ist das letzte was Europa jetzt benötigt, schon gar nicht einen harten Sparkurs, der die Krise noch weiter eskalieren lässt. Merkels Finanzkrieg muss sofort beendet werden und es muss ein Marschallplan für Europa her. Es gilt den Verantwortlichen klar zu machen, dass eine Eskalation der Krise den deutschen Steuerzahler letztendlich viel mehr kosten wird, als die Krise jetzt zu beenden.
Der Merkel-Moment
Es gibt heute viele Parallelen zwischen dem Europa der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts und heute. Auch damals schnellte die Arbeitslosigkeit auf ungeahnte Höhen. Es ist das Verdienst von Charles Kindleberger in seinem Buch „World in Depression, 1929-1939“ darauf hingewiesen zu haben, dass es Europa war, wo es zu den schlimmsten Verwerfungen im Rahmen der Großen Depression kam.
Es gab damals keine europäische Führung oder eine Zentralbank, die durch mutiges Eingreifen das schlimmste verhindert hätte. Wenn in den Märkten Panik auftritt, fallen diese auseinander und kollabieren. Dies ging 2008 als der Lehman-Moment in die Geschichte ein, der bald zu einem Merkel-Moment werden könnte. Wenn Sie ihre austeritaetsorientierte Hegemonialpolitik nicht in eine wohlwollende umwandelt, dann könnte es in Bälde sogar zu einem vollständigen Auseinanderbrechen des Euroraums kommen. Auf was es nach Kindleberger ankommt ist es eine dominante Wirtschaftsmacht in Europa zu haben, die die Interessen der kleineren Länder vertritt und somit zur Stabilisierung des Gesamtsystems als Geldgeber und Konsument beiträgt.
Nach 1945, als Europa in Schutt und Asche lag, war es die USA die als stabilisierende Hegemonialmacht auftrat. Es sei hier auf Hyman Minsky‘s Thesen verwiesen, wie man eine unstabile Wirtschaft stabilisiert. Der Staat muss hierbei die Auswirkungen auf die reale Sphäre aufgrund einer sinkenden Investitionsbereitschaft durch eine antizyklische Fiskalpolitik mit Hilfe zusätzlicher, ausfallsicherer Staatsanleihen begrenzen. Nur dadurch lässt sich das Finanzsystem stabilisieren. Deshalb sind Eurobonds, das adäquate Mittel die Krise zu beenden.