Mit Bento geht der Spiegel auf Jugendfang. Und damit das angeblich funktioniert definiert der Spiegel den Journalismus neu: fühlen statt Fakten. Politisch korrekte Wohlfühl-Storys für die Snowflake-Generation. Der junge Leser wird für dumm verkauft.
Von Felix Schnoor, 26 Jahre
Es gibt bei Bento verschiedene Kategorien. Diese heißen aber nicht wie beim echten Spiegel Wirtschaft, Politik, Kultur oder Sport, sondern Fühlen, Queer oder Grün. Und der Themenblock, bei dem es um Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geht, nennt sich Gerechtigkeit.
Es wird also sofort klar, dass es nicht um Fakten geht, sondern um Gefühle. Gut muss sich etwas anfühlen.
Ob der Mindestlohn theoretisch und praktisch unsinnig ist, ist egal, er fühlt sich gerecht an und darum geht es. Alles muss gerecht, am besten sozial gerecht, ökologisch, besser nachhaltig sein. Die Probleme, die durch Merkels Flüchtlingspolitik entstehen? Egal, denn offene Grenzen fühlen sich einfach gut an.
Über Vergewaltigungen in Schwimmbädern oder ein gestiegenes Terror-Risiko durch Flüchtlinge wird man bei Bento nichts lesen. Das fühlt sich schließlich einfach nicht gut an. Täter-Opfer-Rollen dürfen nur so vorkommen, wie es das eigene Weltbild erlaubt.
Ein Abweichen vom Protokoll würde schließlich die gute Stimmung verhageln, die man gerade durch das Lesen des in die Kategorie "Haha" eingeordneten Artikels „Hier erzählen Menschen von ihren schlimmsten ersten Dates“ bekommen hat.
Ebenfalls in dieser Kategorie gibt es einen als Satire, äh natürlich S@tire getarnten Text über Sexismus im Supermarktregal, in dem sich der Autor darüber ärgert, dass Aldi eine rosa Wasserflasche für Mädchen und eine blaue Wasserflasche für Jungs im Sortiment hat. Haha.
Der Humor wurde von der politischen Korrektheit offenbar eiskalt zur Strecke gebracht, was nicht zuletzt am Namen der Kategorie deutlich wird und daran, dass neben selbigem noch ein entsprechender Smiley positioniert wurde. Dies soll der Leser offenbar als Anleitung begreifen. An der falschen Stelle zu lachen, könnte schließlich jemanden verletzen und das wollen die Bento-Macher ihren Lesern nicht zumuten.
Klickt man anschließend weiter auf die Kategorie Fühlen, kann man lesen, wie die Autorin ihrer Schwester von ihrer offenen Beziehung berichtete. Wow. In der Kategorie Grün wird man darüber informiert, wie zwei Löwenmänner Liebe machen. Diese Zuordnung überrascht, denn der Artikel hätte schließlich auch prima in die Kategorie Queer gepasst.
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